Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebzehnter Band. (17)

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immer noch subjektives Recht. Der Wille der Gemeinschaft ist 
also kein abstrakter Gattungswille, sondern ein spezifischer Wille. 
Nehmen wir das subjektive Recht als das primäre an, von 
welchem aus das objektive erst abgeleitet wird, so gelangen wir 
unausweichlich zu den längst verworfenen Lehren von den an- 
geborenen Rechten und dem angeborenen Rechtsgefühl. Auf den 
ersten Blick scheint allerdings das Gesetz die Fixierung abstrakter 
Postulate zu sein. Allein einmal besteht für den Gesetzgeber 
kein wirklicher Zwang, diese Postulate anzunehmen und zu fixieren, 
er kann sie nach Gutdünken verändern, sie sind also nicht Rech- 
tens?3; sodann sind sie — wenn auch oft formell in subjektiver 
Fassung schriftlich wiedergegeben — nur wirkliches Recht als 
materiell objektive Gebote der Rechtsgewalt*? ®®. 
Den Geltungsgrund der Norm glaubt BiEeRLING in der An- 
erkennung gefunden zu haben?®, Geradeso wie eine Wahrheit in 
uns entsteht oder von aussen uus dargebracht wird, von uns also 
erkannt wird, so soll auch die Norm dadurch zum Leben erwachen, 
dass sie in uns entstehend oder von aussen empfangen „unserem 
Geiste inhäriert“. Rechtsnormen sind sie nur insofern, als sie 
sich beziehen „auf ein geregeltes Verhalten von Menschen zu 
Menschen“ und zwar als von „Genossen gegenüber Genossen“. Der 
betreffende Kreis von Menschen soll nämlich nicht als organisierte 
28 Wären sie Rechtens, z.B. als Gewohnheitsrecht, so wären sie nicht 
mehr blosse abstrakte Forderungen. 
?* Im Gewohnheitsrecht muss sogar mangels eines Gesetzes das ob- 
jektive erst aus dem subjektiven Recht herauskonstruiert werden. 
25 Die Naturrechtslehrer objektivierten ihre eigenen subjektiven An- 
schauungen, die sie aus den Analogien des positiven Rechts und aus der 
Naturbetrachtung schöpften, als Naturgesetz und schufen so eine Kluft gegen- 
über dem sog. menschlichen objektiven Recht. Die Normtheoretiker ver- 
lassen ebenfalls den Boden des wirklichen objektiven Rechts und objekti- 
vieren die durch Abstraktion aus dem objektiven Recht gewonnenen Normen, 
aus denen sie scheinbar die subjektiven Rechte und Pflichten erst ableiten, 
während doch schon die Norm ein abgeleiteter Begriff war. 
2° BierLIna ob. S. 152.
	        
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