Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebzehnter Band. (17)

— 199 — 
demnach die Summe der Einzelwillen. In Wahrheit sind die 
Interessen, wenigstens die subjektiven (das objektive Interesse 
fällt noch nicht in Betracht), von vornherein durchaus ver- 
schiedene. Wir sehen z. B. bei jedem beliebigen Gesetz, dass 
die Einzelnen ein durchaus verschiedenes Interesse am Zustande- 
kommen desselben haben. Gleicherweise sind die subjektiven 
Willen durchaus verschieden: das zeigen die unzähligen Motive, 
die Ausgangspunkte dieser Willen. Der Gemeinwille kann also 
unmöglich die Summe dieser Willen, dieser inkommensurabeln 
Grössen sein. 
Scheinbar modifizieren die Vereinbarenden in der dem Ver- 
einbarungsakt vorausgehenden Verständigung ihre Willen bis zur 
Uebereinstimmung. In Wirklichkeit konstruieren sie, in- 
dem die objektiven Willenskomponenten zusammen- 
treten, einen neuen objektiven Willen. Beweis ist, dass 
die subjektiven Interessen, wohl auch die subjektiven Willen in 
gewisser Modifikation weiter dauern. Wie sollte diesen fron- 
dierenden Willen im Gemeinwillen der eigene wieder entgegen- 
treten? Die Vereinbarung der Vereinbarenden ist regelmässig 
nur von einem höchst subjektiven Standpunkt aus eine freiwillige. 
Nichts steht begrifflich einer erzwungenen Anteilnahme an einer 
Vereinbarung entgegen. 
Die Verbindlichkeit gegenüber dem Einzelnen beruht dem- 
nach nirgends auf dem Gefühl, sondern stets auf der Thatsache, 
dass ein leitender Wille besteht, und dass einem höheren Willens- 
subjekt eine mehr oder weniger organisierte, jedenfalls aber 
überlegene Gewalt übertragen ist. Als Kräfte gedacht sind die 
Einzelwillen Komponenten, jedoch nicht blosse Summanden, des 
resultierenden Gemeinwillens.. Während beim Vertrag mehr die 
subjektive Seite des Einzelwillens (subjektives Interesse) in Be- 
tracht fiel, so hier mehr die objektive (objektives Interesse). 
Die Vereinbarungen können ebenfalls Rechtsgeschäfte sein. 
In diesem Falle erzeugen sie relatives Recht und sind gleich-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.