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licher Entwurf, bis er die für die innerstaatliche Rechtssetzung
vorgeschriebenen Stadien passiert hat. Es giebt also kein völker-
rechtliches Zwangsproblem. Aber auch kein staatsrechtliches,
kein Problem der Selbstverpflichtung. Der „Monarch“ steht als
Rechtsquelle über dem Recht.
Nach SeYDEL°® sind Herrscher und Staat von einander ge-
schieden wie Subjekt und Objekt. Will man den Staat zum Sub-
jekte machen, in der Form des Organismus, der juristischen Person
oder sonstwie, so gerät man in Fiktionen, d. h.man verlässt den
Boden der Wirklichkeit®”. Dass der Herrscher der Natur seiner
Aufgabe gemäss Staatsinteressen verfolgt, macht ihn nicht zu
einem Organ des Staates, soferne „diese Bezeichnung einen juristi-
schen Sinn haben soll“.
Gegen die Norm im Sinne der Normtheoretiker wird Front
gemacht, und damit tritt das objektive Recht wieder entschieden
in den Vordergrund. Der Zweckgedanke wirkte bei IHERING
wenigstens als Corrigens, insofern er sich veranlasst sah, neben
den reinen Staatszwecken auch die sozialen Zwecke mit zu berück-
sichtigen. — Hier führt die einseitige Auffassung des „Staats-
zwanges“ zur Absurdität. Was kann der Herrscher anderes als
Organ sein? Wie kann er Staatsinteressen eo ipso wahrnehmen,
organische Funktionen erfüllen, ohne doch Organ zu sein? Hagens®®,
welcher von der faktischen Fähigkeit des Herrschers, durch
Verkündung der Norm irgend ein Verhältnis zu regeln, spricht,
muss zugestehen, dass man, um die „Normierung des Herrscher-
willens“ au erklären, wieder auf den „Zweck des Staates® und
den „natürlichen Zwang“ zurückgreifen müsse. Die ordnende
Macht, zwar conditio sine qua non, sei nicht Selbstzweck, sondern
nur ein Mittel zur Erreichung des Staatszweckes.
° SEYDEL, Bayerisches Staatsrecht, München 1887, I S. 352.
°? Diese ganze Schule übersieht gewöhnlich die Bedeutung des formalen
Moments in der Natur der Fiktion.
®® von Hacens, Staat, Recht und Völkerrecht, München 1890, 8. 13.