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materiellen Zollrecht, vom Zollverfahren, Zollstrafrecht und Zollstrafverfahren
enthalten soll, wird im ersten Bande durch eine rechtsgeschichtliche Dar-
stellung eingeleitet. Die vorliegende erste Abteilung behandelt in vier Ab-
schnitten das Zollrecht des deutschen Mittelalters, die Entwicklung des Zollrechts
bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts, die Besteuerung des Warenverkehrs auf
den konventionellen Flüssen bis zur Aufhebung der Flusszölle und die Grenz-
zollsysteme der süddeutschen Staaten zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Inner-
halb der verschiedenen Perioden erörtert der Verf. getrennt: die rechtliche
Natur des Zolles, die Zollverfassung, das materielle Zollrecht, das Zollver-
fahren, das Zollstrafrecht und das Zollstrafverfahren.
Die Entwicklung des gebührenartigen Passierzolles zum Gebietszolle und
Grenzzolle, die eigentümliche Verquickung von Zoll und Accise seit dem
17. Jahrhundert wird in klarer Sprache zur Darstellung gebracht. Ueberall
ist der Verf. bemüht, die geschichtlichen Wurzeln der noch geltenden be-
sonderen Institute des Zollrechts aufzudecken. Dem völkerrechtlich-wichtigen
Flusszollrecht ist besondere Sorgfalt gewidmet. Mit Bezug auf das Ver-
hältnis des Zollrechts zum römischen Rechte bemerkt der Verf. (S. 45, 69),
die Rezeption des römischen Rechts sei unzweifelhaft auf dem Gebiete des
Zollstrafrechts, jedoch ebenso zweifellos nicht auf dem Gebiete des mate-
riellen Zollrechts erfolgt. Letztere Behauptung erscheint mir beweisbedürftig.
Den Begriff des materiellen Zollrechts näher zu bestimmen, wird der Verf. sich
für den systematischen Teil vorbehalten haben; vorerst sind die Grenzen gegen
das formelle Zollrecht nicht überall klar ersichtlich. Im allgemeinen wird man
unter materiellem Zollrecht die Lehre von den rechtlichen Beziehungen des
Staates zu den Abgabepflichtigen, insbesondere die Lehre von der Rechtsnatur,
Entstehung, dem Inhalt, Umfang, Untergang der Zollpflicht zu verstehen haben.
Nun ist bekanntlich die Ansicht nicht begründet, dass der staatsrechtliche Inhalt
des römischen Rechts allgemein nicht rezipiert worden sei (STOBBE, Geschichte
der deutschen Rechtsquellen Bd. II S.122). Berücksichtigt man hierzu die im
Mittelalter herrschende privatwirtschaftliche Auffassung staatsrechtlicher Ver-
bältnisse, die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte bei Zollstreitigkeiten
(S. 15), die gelehrte Bildung des Zollschreibers (S. 9, FALkE, Geschichte des
deutschen Zollwesens 8. 112f.), so wird man es als kaum wahrscheinlich er-
kennen, dass das eindringende römische Recht vor den Schranken des Zoll-
rechts sollte Halt gemacht haben. So wird z. B. die Rechtsnatur der Zoll-
pflicht schwerlich anders als nach den Grundsätzen des römischen vectigal
behandelt worden sein. Mir ist zufällig die Disputation eines Hamburgers,
Ursanus HöckER de vectigalibus, publicanis et commissis [aus dem Jahre
1651] zu Gesicht gekommen, in der das römische Recht in ganzer Ausdeh-
nung, einschliesslich des bekannten Tarifs in 1.14 D. h. t. als geltendes Recht
vorgetragen wird.
Ueber dogmatische Auffassungen zu streiten, würde verfrüht sein, wenn
auch einzelne Ausführungen des Verf. und dessen in der Zeitschrift für Zoll-