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souveräne und nichtsouveräne. REHM teilt aber die letzteren in zwei
Kategorien: in halbsouveräne und in vollkommen nicht souveräne, zwischen
denen kein qualitativer Unterschied besteht, weil beide einem souveränen
Staate unterworfen sind, sondern nur ein quantativer. Das mag er thun;
aber für die juristische Formulierung des Souveränetätsbegriffes ist damit
ebensowenig gewonnen, wie wenn man die Staaten einteilen würde in solche
mit grosser und solche mit kleiner Kompetenz.
Geradezu Bedenken aber erweckt Reum’s Theorie vom Anstaltsstaat,
der Objekt fremder Staatsgewalt sein soll. Elsass- Lothringen und die
deutschen Schutzgebiete sind ihm Beispiele für diesen neuen Staatstypus.
Oder ist er vielleicht doch nicht so ganz neu? Mir dünkt, er sieht dem
patrimonialen Staate auf ein Haar ähnlich und für diesen ist in unserem
Rechtsgebiete keinen Platz mehr.
Noch ein paar Worte über den Rest des Buches. Wir begegnen der
Lehre von den Staatenverbindungen, die dem Verf. Anlass giebt, sich mit
der Staatsauffassung SEYDEL’s, HAENEL’s, ZORN’s u. s. w. kritisch zu beschäf-
tigen. Das thut er mit Glück und Geschick. Bei der Gründlichkeit, mit der
er jede einzelne Partie behandelt, fällt es aber auf, dass das juristische Wesen
der Real- und Personalunion fast kaum gestreift ist. Sehr eingehend wird hin-
gegen die Entstehung und Entwicklung des Staates behandelt. Gelegentlich der
Schilderung der Mutterrechtsgemeinschaft (S. 270) entschlüpft dem Verf. der
interessante Satz, der auf Weiterverbreitung Anspruch erhebt: Der Mann
oder richtiger der Geliebte wohnt bei und gehört rechtlich (!) zu einer
anderen Geschlechtsgruppe ... .
Den Schluss des Buches bildet eine breite Untersuchung über repräsen-
tative Demokratie und Monarchie; sie trägt entschieden politische Färbung.
Die parlamentarische Demokratie ist für Rekm eine Wahlmonarchie auf
Perioden; vom politischen Standpunkte aus betrachtet, hat das etwas für
sich, aber als Juristen dürfen wir das nicht sagen:
Gesamteindruck: Das Buch ist mit grosser Gelehrsamkeit, verblüffender
Gründlichkeit und bohrendem Fleisse geschrieben. Schade, dass ein schrecklich
geschraubter Kurialstil die Freude an der Lektüre des Werkes wesentlich
beeinträchtigt. Wer sich dadurch aber nicht abschrecken lässt und sich un-
verdrossen durcharbeitet, ohne das eigene Urteil zu Hause zu lassen, der
hat etwas davon.
Strassburg i. E. Max Kulisch.
Dr. A. Mendelsohn-Bartholdy, Grenzen der Rechtskraft. Leipzig,
Verlag von Duncker & Humblot, 1900. XII, 559 S. M. 12.80.
Das Buch zerfällt in drei Teile. Der erste behandelt die Frage nach
französischem Recht, der zweite nach englisch-amerikanischem, der dritte
nach deutschem. Die Einleitung, welche vorausgeschickt wird, giebt eine