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eximiert werden muss, teils weil er als Machthaber selbst an
der Spitze dieser Organisation steht resp. die Organisation nach
oben materiell unvollkommen ist. Jedes Organ der Staats-
willensbildung besitzt diskretionäre Gewalt bis zu dem Umfange,
den die kontrollierende höhere Gewalt, z. B. die Jurisdiktions-
gewalt, zulässt. Da aber auch die kontrollierende Stelle dis-
kretionäre Gewalt hat und alle Gewalten sich schliesslich ver-
einigen, bleibt immer eine rein diskretionäre Gewalt des Monarchen
oder genauer des Volkes übrig.
Aus einem anderen Gedankengang heraus, wobei man in
Debereinstimmung mit gewissen formalen Kriterien des Staates
die Despotie als Prototyp zu Grunde legt, wird dieser Gewalt
irrigerweise Priorität zugesprochen®®. Diese nicht rechtlich ge-
bundene Gewalt hat sich nach und nach selbst Schranken auf-
erlegt, sie hat das Recht verliehen. — Dies ist vielleicht formell
richtig, aber nicht materiell. Das Staatsvolk ist auch im heutigen
konstitutionellen Staat dem Herrscher gegenüber formell-rechtlich
minder stark, und doch wahrt letzterer die Interessen des
Volkes, die er mit seinen eigenen identifiziert, und beugt sich
vor dessen unausgesprochenem Willen, der durch die Kultur-
entwicklung geförderten potentiellen Volksgewalt. Formell ist
die Konstitution nicht paktiert, sondern oktroyiert, und ob sie
auch durch Waffengewalt abgetrotzt war.
Den einer Persönlichkeit von der Rechtsordnung
zugestandenen Umfang der Willensbethätigung nennt
man subjektives Recht. Das Wesen des subjektiven
Rechts ist durchaus sekundär. Die Bezeichnung als Recht
ist missleitend und entstammt eigentlich einer Anschauung, nach
der das subjektive Recht das Primäre ist (Idee von den an-
geborenen Rechten), die objektive Rechtsordnung hingegen nur
eine Schutzinstitution, deren man unter Umständen wohl ent-
68 Die anvertraute Gewalt wird zur absoluten, souveränen.