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raten kann. In Wirklichkeit besitzt das Subjekt kein Recht aus
eigener Gewalt, da diese ja als diskretionäre den Organen der
Gemeinschaft delegiert ist**.
Das subjektive Recht ist lediglich eine moralische
(gedachte) Beziehung zwischen der Person und dem ob-
jektiven Recht resp. der Staatsgewalt — quaedam
potentia moralis (LEIBNITZ). — Dementsprechend sehen wir
die Ausübung der subjektiven Rechte regelmässig schon durch
die Gebote von Treu und Glauben geleitet: das objektive Rechts-
gebot trägt einen eminent subsidiären Charakter.
Die begrifflichen Schwierigkeiten, die sich bis jetzt einer
befriedigenden Lösung der Frage der subjektiven öffentlichen
Rechte entgegenstellten, beruhen unseres Erachtens darin, dass
die Persönlichkeit zwar einer objektiven Rechtsordnung unter-
worfen ist, aber auch selbst objektives Recht erzeugt und das
nach Massgabe ihrer Dispositionsgewalt, ihrer Organschaft. Dies
ist nicht befremdend, wenn man sich überlegt, dass selbst der
vollkommenste Ausdruck eines Gemeinwillens, eine Verfassung
oder ein noch so detailliertes Gesetz, Lücken aufweisen, die
durch die freie Dispositionsbefugnis der Staatsorgane ausgefüllt
werden müssen, dass ferner z. B. die anscheinend subjektive
Enuntiation eines Richters, soweit sie nicht mehr angefochten
werden kann, so gut wie Gesetz ist. Die Begriffe des subjektiven
öffentlichen Rechts, als der Berechtigung an der Staatswillens-
bildung, und der Organschaft der Person verlangen aber noch
eine weitere Erklärung.
Die Stellung, die wir der Person zugewiesen, scheint an
einem inneren Widerspruch zu kranken. Einesteils ist die Person
als Subjekt eines subjektiven Rechts eo ipso gewaltlos, andern-
teils disponiert sie als Organ objektiv rechtlich, ist also Trägerin
& Bezeichnend ist die übliche Teilung des subjektiven Rechts in „ge-
rechten“ Anspruch und „gerechte“ Pflicht, je nachdem der objektive Willens-
zwang als Lust oder Unlust empfunden wird.