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Staaten in Zoll-, Handels-, fremdenrechtlichen Verträgen u. s. w.
Nicht ausgeschlossen ist, dass dieses Recht geeignet sei, durch
Adhärenz allgemeines zu werden. Das allgemeine Völkerrecht
und dasjenige, das geeignet ist, allgemeines zu werden, wird auch
als Völkerrecht schlechthin bezeichnet.
Da Vereinbarende und Objekt der Vereinbarung zunächst
Staaten sind und da der Vereinbarungswille höher als der Einzel-
wille, ist alles dieses Recht notwendigerweise staatliches Recht,
d. h, zu der Garantie des allgemeinen Rechtsverbandes tritt
im staatlichen Wirkungsbereich noch die spezielle staatliche
Garantie, entweder bloss gewohnheitsrechtlich, oder auch formal-
rechtlich !!°,
Da das Völkerrecht im Grunde Gewohnheitsrecht
oder also Gesellschaftsrecht ist, ergeben sich als völ-
kerrechtliche Personen weiterhin die übrigen Staaten
und die den Staaten wesensgleichen Sozialpotenzen.
Es besteht ein Völkerrecht im weiteren Sinn von
gleicher Struktur und innerer Einteilung zwischen den
zivilisierten und den nicht zivilisierten Staaten und
den nicht zivilisierten unter sich. Naturgemäss tritt hier
das formalrechtliche Element zurück, die staatliche Autonomie
erscheint nicht durchwegs formell, absolut abgeschlossen. Häufig
entstehen Eingriffe in die Staatskompetenz (vgl. die Verträge
betr. die Konsulargerichtsbarkeit im Orient).
Schliesslich fallen als Personen des Völkerrechts
noch in Betracht Individuen und den Staaten nicht
wesensgleiche soziale Organismen, und zwar sowohl in
privatrechtlicher als auch in öffentlichrechtlicher Be-
ziehung. Obwohl regelmässig die Staaten als höhere gesell-
schaftliche Organe ihre Interessen vermitteln, fehlt es nicht an
110 In dieser Beschränkung anerkennt auch STOERK ein Völkerrechts-
indigenat in v. HoLTzEnnorRFF's Handb. d. Völkerrechts Bd. 2 8.588 (1887) und
v. HoLtzenporsF’s Encyklopädie der Rechtswissenschaft, Leipzig 1890, $ 35.
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