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auszuschliessen. Dass aber eine solche Beschränkung oder Aus-
schliessung der Haftung mit dem $& 38 V.-O. in Widerspruch
stehen würde, ist ohne weiteres klar, wenn man erwägt, dass ge-
rade mit Rücksicht darauf, dass die Errichtung von Aufbewah-
rungsstätten auf gewissen Stationen ein Verkehrsbedürfnis und
dass das Publikum gewissermassen gezwungen ist, sich dieser
Einrichtung zu bedienen, die frühere Bestimmung in $ 37
Abs. 2 V.-O., nach welcher die Eisenbahn für das hinterlegte
Gepäck keinerlei Verantwortung zu tragen hatte, beseitigt und
die unmittelbare Haftung der Eisenbahn als Verwahrer eingeführt
wurde. —
Demgegenüber hat HERTZER in seiner Polemik gegen die
vorstehende Begründung der ReınpuL’schen Ansicht die Möglich-
keit eine Haftungsbeschränkung mit folgender Ausführung be-
jaht®: Nach $ 276 B. G.-B. hafte der Verwahrer für den durch
Vorsatz oder Fahrlässigkeit verursachten Schaden nur insoweit,
als nicht etwas anderes bestimmt sei. Indem 8 38 V.-O.
der Eisenbahn die Haftung eines Verwahrers auferlege, habe sie
deren Haftung im Umfange des Bürgerlichen Gesetzbuches nur
insoweit festgelegt, als nicht etwas anderes durch die Parteien
vereinbart worden sei. Die Eisenbahnen bewegten sich daher
vollständig innerhalb der Schranken des Gesetzes, wenn sie ihre
Haftung vertragsmässig ausschlössen oder beschränkten. Ihre
Vertragsfreiheit sei aber keine unbegrenzte, sondern sie sei an
die Grundsätze der Billigkeit und der guten Sitte gebunden.
Von diesem Gesichtspunkte aus könnten daher die Eisenbahnen
ihre Haftung nicht unbedingt bei allen Arten von Gepäckstücken
ausschliessen oder ihre Haftung allgemein auf die Fälle vorsätz-
licher Schadensstiftung beschränken, weil eine derartige Aus-
schliessung oder Beschränkung eine Ausbeutung des Notlage des
s 7. d.V.D. E.-V. 1901 8. 729#., insbesondere Replik Remor's, ebd.
S. 982. Vgl. auch HERrTZER, ebd. S. 1117.