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anderen Vereinbarungen getroffen sind, Vorsatz und Fahr-
lässigkeit ($ 276) zu vertreten und sie hat, aber nur unter
der gleichen Beschränkung, im Falle des Verlustes, der
Minderung oder Beschädigung des hinterlegten Gepäcks für den
gesamten, dem Hinterleger erwachsenen Schaden nach Massgabe
der 88 249—252 B. G.-B. aufzukommen. Einer Beschränkung
der Haftung bezüglich der Voraussetzungen, abgesehen von dem
Verbot des & 276 Abs. 2 B. G.-B., und einer Modifizierung des
Umfanges derselben steht rechtlich nichts im Wege. Ob dieser
Vertragsfreiheit im einzelnen Falle, wie HERTZER will!, aus dem
Gesichtspunkte der Billigkeit und der guten Sitten durch
den Richter Schranken gezogen werden können, erscheint uns
äusserst zweifelhaft. Wir halten die Gründe, mit denen REINDL
dieser Ansicht entgegentritt!!, für überzeugend. Es mag sein,
dass unsere praktische Jurisprudenz sich nur schwer entschliesst,
auf Grund & 138 B. G.-B. die Vertragsfreiheit der Parteien zu
beschränken. Der Fortfall der laesio enormis, die positive Vor-
schrift des 8 471 H.-G.-B.!? lassen aber erkennen, dass diese
Tendenz dem Geiste unserer Gesetzgebung entspricht. Das
Reichsgericht hat übrigens in vielen Fällen, insbesondere durch
seine jezt gesetzlich festgelegte!? Auslegung der kaufmännischen
Konkurrenzklausel den Beweis erbracht, dass es einer Buch-
stabeninterpretation abhold ist und das Recht des wirthschaft-
lich Schwächeren schützt. Unsere Gesetzesauslegung braucht
den Vergleich mit der englischen oder französischen Recht-
sprechung nicht zu scheuen. Jedenfalls muss man prinzipiell die
Möglichkeit einer Haftungsbeschränkung seitens der Eisenbahn
für das in ihre Verwahrung gegebene Handgepäck anerkennen.
° Vgl. oben S.4 Anm.].
ıı 2.d. V.D. E.-V. S. 932.
12 Vgl. auch Entwurf einer neuen Seemannsordnung und PAPPENHEIM,
D. J.-Ztg. 1902, S. 88 Anm. 1.
= 88 74, 75 H.-G.-B.