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Betrieb von dem fabrikmässig betriebenen scheidet, und mit be-
sonderer Liebhaftigkeit wird hierüber in Bezug auf das Buch-
druckgewerbe und die Konfektionsindustrie gestritten, für welche
allerdings die Frage von besonderem Interesse ist. Bei der
Konfektionsindustrie, welche in Deutschland in grösstem Umfange
noch innerhalb der Form der Hausindustrie betrieben wird,
hängt von der Entscheidung dieser Frage auch die Anwendbar-
keit oder Nicht-Anwendbarkeit wichtigster Vorschriften ge-
setzlichen Arbeiterschutzes ab; in den letzten Monaten sind
hierüber widersprechende Entscheidungen ergangen!, so dass man
auch hierbei dem höchst unerquicklichen Zustande der Rechts-
unsicherheit und auch der Rechtsverschiedenheit gegenübersteht.
Die Begriffe Handwerk und Fabrik werden in den für die
Rechtsfrage massgebenden Gesetzen nicht näher erläutert, die
Rechtsübung ist daher darauf angewiesen, dieselben unter Ver-
wertung der Momente gegenseitig abzugrenzen, welche in der civil-
und strafrechtlichen Rechtsprechung dafür berücksichtigt worden
sind. Es kommt hierbei vor allem die auf dem Gebiete des
Handelsrechts erwachsene Rechtsprechung in Betracht, die stets
Anlass hatte, zu prüfen, welche Personen einen über den Umfang
des Handwerks hinausgehenden Betrieb ausüben und welche nicht.
Allerdings ist bei ihrer Verwertung eine gewisse Vorsicht nicht
ausser acht zu lassen, da sowohl nach dem früheren als auch
dem jetzigen Handelsgesetzbuch das Handwerk nicht sowohl voll-
ständig von der Unterstellung unter die handelsrechtlichen Vor-
schriften ausgeschlossen ist, sondern nur von der Anwendung
solcher Bestimmungen des Handelsgesetzbuchs, die für den
Handwerksbetrieb ungeeignet erscheinen. Die mehrfach befür-
wortete Beseitigung der Geltung des Handelsrechts für das
1 Soziale Praxis, Jahrg. XI S. 151—154 und aus der Rechtsprechung
des Reichsgerichts die Erkenntnisse in den Entscheidungen in Strafsachen
Bd. 14 S. 426, Bd. 26 S. 161. Entsch. des O.-L.-G. Darmstadt vom
31. Januar 1902, Hess. Rechtsprechung, Jahrg. 38.9 u. f.