Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebzehnter Band. (17)

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Eine von Professor RAucHBERG nicht berührte Frage ist es, ob man 
dem Prinzipe der Unmittelbarkeit des Verfahrens nicht für das Rechts- 
mittelverfahren das Prinzip der Mündlichkeit an die Seite stellen sollte, 
das heute in sehr beschränktem Umfange erst für das Verwaltungsgerichts- 
hofsverfahren Platz greift, in einem Zeitpunkte, wo neue thatsächliche An- 
führungen nicht mehr zugelassen werden, also eine wirkliche Ueberprüfung 
der thatsächlichen Verhältnisse ausgeschlossen ist. 
Mit den theoretischen Ausführungen ist eine scharfe aber nicht un- 
gerechtfertigte Kritik der Vollzugsvorschriften und der Praxis verbunden, 
auf die im Detail einzugehen hier nicht möglich ist. Nur ein Punkt sei 
hervorgehoben. Es kann keine Frage sein, dass die jetzigen Veranlagungs- 
bezirke viel zu gross sind und daher eine örtliche Dezentralisation der 
Veranlagung wenigstens in ihren vorbereitenden Stadien dringend ge- 
boten ist. 
Wien. Dr. Emil v. Fürth. 
Dr. Lippmann, Reichsgerichtsrat, Zur Kritik richterlicher Urteile 
und der Rechtspflege. Sonderabdruck aus: „Das Recht, Rund- 
schau für den deutschen Juristenstand.“ Hannover 1901. Hellwing’sche 
Buchhandlung. 8°. 388. Preis M. 1.—. 
Es ist der Sohn eines bayerischen Richters, in den Traditionen der 
Richterehre und des Richterstolzes erzogen und erwachsen (S. 37), der gegen 
die masslose Kritik richterlicher Urteile und gegen die speziell vom Pfarrer 
Wan, Professor der Psychologie Liıpps, engeren Landsleuten des Autors, 
vom Rektor der technischen Hochschule RıkEpLer-Berlin und von zahl- 
losen Pressreferenten über die Verschlechterung der Rechtspflege geführten 
Klagen energisch Front macht. Dr. Lıppmann verwahrt seinen Stand und die 
richterlichen Entscheidungen nicht dagegen, dass an ihnen überhaupt Kritik 
geübt werde, sondern wendet sich gegen die Art, wie, und zwar oft von der 
allerunberufensten Stelle, von Leuten, die „ohne Kenntnis der Gesetze als 
Erbpächter des gesunden Menschenverstandes die Verwirrung des eigenen 
Kopfes auf andere übertragen* (S. 12), solche Kritik ohne Wissenschaftlich- 
keit, leichtfertig und geradezu unverantwortlich erhoben wird. Er beleuchtet 
zunächst die Quellen, aus denen solche Kritiker schöpfen; zuvörderst die 
trübste Quelle: die Mitteilung der Beteiligten, dann die übliche Bericht- 
erstattung in den Zeitungen, die jedem, der inmitten der Rechtspflege drin- 
steht, als eine wenig sichere Grundlage für die selbständige Beurteilung der 
mitgeteilten Rechtsfälle bekannt ist, und die Gefahr, wenn ein grosses 
Publikum sich bloss auf Grund von Zeitungsnachrichten hin sein Urteil über 
die Lösung der Schuldfrage durch den Richter bilde. Was hier im all- 
gemeinen gegen solche uferlose Kritik vorgebracht wird, ist richtig und zu- 
treffend. Aber wie die unsubstentiierten, eigentlich nur auf Schimpfereien
	        
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