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Meiningen, Anhalt, Schwarzburg-Rudolstadt, Reuss ä. L., Schaum-
burg und Lippe, ebenso wie Oesterreich, Luxemburg und Lichten-
stein in ihren Verfassungen überhaupt keine Anordnungen über
Regentschaft haben, so wird es schwerlich als gemeines deutsches
Recht angesehen werden können, dass in jedem Falle ein Regent
die Regierung im Namen des Landesherrn führe. Insbesondere
wird es daher in einem Falle, in welchem die Regentschaft wider
den sonst vollgültigen Willen des berechtigten Thronfolgers be-
steht, nicht so sehr eine Frage des Rechts als eine Frage der
Politik und der Schicklichkeit sein, ob dies in dessen Namen zu
geschehen habe.
Hiergegen kann auch wohl nicht mit den DEDEKIND’s ein
Grund aus dem Umstande entnommen werden, dass das Thron-
folgerecht durch den Anfall erworben wird. Denn mit dem
Thronfolgerecht ist die Regierung nicht erlangt, selbst dann
nicht, wenn alsbald ein Besitzergreifungspatent erfolgt; ein solches
Patent ist, wenn der neue Landesherr im Besitz der Regierungs-
gewalt sich befindet, allerdings ein Zeichen dieses Besitzes, kann
aber anderenfalls diesen Besitz nicht verschaffen. Man kann
also auch nicht sagen, dass einige Zeit nach dem Thronfall ein-
gerichtete Regentschaft landesherrliche Regierung verdränge und
deshalb, wenn sie das Recht oder dessen Schein wahren wolle,
jedenfalls im Namen des Landesherrn geführt werden müsse.