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der formelle „Bescheid“ des Regenten!!. In einem einseitigen
Abschied des Regenten konnte ein Gehorsam heischender Befehl
desselben enthalten sein; aber es konnte sich auch um Meinungs-
äusserungen ganz unjuristischen Charakters handeln: um Eır-
widerungen auf Danksagungen, Glückwünsche, Gesuche etc.
Mannigfache Belege für die Verwendung des Wortes „Abschied“
im letzteren Sinne liefert schon das bei TsCHACKERT mitgeteilte
Urkundenmaterial'?.
Wenn nun aber auch der Regent in der hier in Frage
stehenden Zeit in einem „Abschied“ als Inbaber einer Befehls-
gewalt sprach, so war doch der betreffende Abschied nicht immer
ein „Gesetz“, noch enthielt er immer einen Rechtsbefehl: es konnte
doch auch ein Verwaltungsbefehl sein. Die Zorn’sche Gleichung:
„Abschied = Verfügung, Verordnung, Gesetz, Befehl“ ist über-
haupt schlechthin unrichtig und wohl nur daraus zu erklären, dass
ZORN (z. B. auch in seinem Beichsstaatsrecht I S. 485) Ver-
waltungsbefehle .und Rechts- bezw. Gesetzesbefehle für identisch
hält. Aber diese Ansicht nennt ein anerkannter Meister des
Staatsrechts, wie LABAND, schon für die heutige Zeit eine von
ZORN „zum Besten gegebene Behauptung“!?, und ebensowenig
11 Vgl. Grimm, Deutsches Wörterbuch s. v. abschied: abscheid ent-
spricht aber auch dem jetzigen bescheid fuer entscheidung, urtheil und unter-
scheidung: perten hoeren und abscheid geben. R. Ringw. laut. wh. 251;
befehlen abscheid darauf zu’ geben das. 215. TscHackerr III S. 214: „Fürst-
liche durchlaucht gibt auf geschehen ansuchen des herrn präsidenten, rectors
und gantzen senats der schulen zu Konigspergk volgenden abschiedt“;
S. 217: „Auf des herren rectoris und gantzen senats der universitet über-
reichte schrift geben fe. d. zu Preußen etc. volgende antworth.*
# 7. B. Bd. III S. 87: — No. 1714—1544, Nov. 8. Abschied Her-
zog Albrechts, betreffend die Verheiratung Rapagelans. Herzog Albrecht
genehmigt die Verheiratung des „Doctors Stanislaus* [Rapagelanus], und er-
klärt sich bereit, die Kosten der Hochzeit zu tragen; S. 193: No. 2131—1548,
Sept. 19. Königsberg: Abschied [des Herzogs Albrecht] dem Rektor ge-
geben, wie die griechische Lektur zu bestellen sei; S. 251.
18 Archiv f. öffentliches Recht Bd. I S. 179.