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lässt sich mit dieser Ansicht an die Interpretation der Quellen
des 16. Jahrhunderts herantreten. Allerdings waren damals in
den Territorien, in welchen dem Regenten, wie z. B. im Herzog-
tum Preussen!*, Landstände zur Seite standen, die Kompetenzen
nicht mit vollster Strenge geschieden: namentlich nicht in der
Weise, dass der Regent zwar die ganze vollziehende Gewalt habe,
aber die gesetzgebende (rechtsetzende) Gewalt nur im Einvernehmen
mit den Landständen ausüben solle. Vielmehr entschied recht
oft die Berücksichtigung der rein thatsächlichen Verhältnisse,
wenn der Regent einen obrigkeitlichen Akt unter Zuziehung der
Landstände oder einseitig vornahm. Es konnten daher in einem
Landtagsabschied ausser Rechtsvorschriften sich auch Verwal-
tungsvorschriften finden, und ebenso war es möglich, dass ein
einseitiger Erlass („Abschied“) des Regenten bald eine Rechts-
vorschrift, bald eine Verwaltungsvorschrift gab. Immerhin war
doch die Stellung des Herzogs Albrecht in seinem Lande eine
solche, dass er nicht leicht eine Massnahme von allgemeiner und
dauernder Bedeutung ohne Rücksicht auf die Landstände traf.
Und zwar machte es dabei keinen Unterschied, ob es sich um
die weltliche: oder um die kirchliche Sphäre handelte. Denn
wenn auch bereits dem Herzog Albrecht für sein Gebiet die
Stellung eines evangelischen Oberbischofs zugeschrieben werden
muss!5, so wirkten nichtsdestoweniger neben ihm auch die
14 Ueber die Stände im Herzogtum Preussen vgl. LoamEYEr, Die Ent-
wickelung der ständischen Verhältnisse in Preussen bis zur Gewinnung der
Souveränetät durch den grossen Kurfürsten, 1890; ToEPPEN, Die preussischen
Landtage zunächst vor und nach dem Tode des Herzogs Albrecht, Hohen-
stein 1855; Horn, Die Verwaltung Ostpreussens seit der Säkularisation 1890.
15 Die beiden Bischöfe: Georg von Polenz, Bischof von Samland und
Erhard von Queis, Bischof von Pomesanien, welchen auch die weltliche
Herrschaft in einem Dritteile ihrer Diözesen zustand, entsagten nach der An-
nahme der protestantischen Lehre 1525 bezw. 1527 der weltlichen Macht zu
Gunsten des Herzogs Albrecht, weil ihnen als Bischöfen nach dem Evan-
gelium nicht gebühre, Land und Leute zu regieren, sondern nur das gött-
liche Wort zu predigen und zu verkündigen. JacoBson Bd. II S. 23 Anh.