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benommen. Solange aber nicht der Vater® allein für schuldig
erklärt und die Kinder ihr zugesprochen sind, müsste der Vater
die alleinige Bestimmung des Bekenntnisses der Kinder behalten.
Dies Recht sollte bei Lebzeiten des Vaters auf die Mutter nur
übergehen, wenn der Vater wegen Geisteskrankheit entmündigt
und Aussicht auf Wiederherstellung® ausgeschlossen ist. Grund-
sätzlich müsste auch nach dem? Ableben des Vaters die von
ihm getroffene Bestimmung befolgt werden; doch sollte, wie es
seit 1900 auch in Altenburg, Baden, Hessen und Schwarzburg-
Sondershausen geschieht, die Mutter vom Vormundschaftsgericht
ausnahmsweise ermächtigt werden können, das Bekenntnis der
Kinder zu ändern. Gegen den Willen eines Kindes, welches das
10. Lebensjahr beendet, sollte ohne Genehmigung des Vormund-
schaftsgerichts kein Elternteil die betreffis des Bekenntnisses ge-
troffene Bestimmung ändern können; mit dem 10. Lebensjahre
beginnt nämlich der® Religionsunterricht betreffs der Unter-
scheidungslehren gegenüber anderen Bekenntnissen. Schon zufolge
des Reichsgesetzes über freiwillige” Gerichtsbarkeit kann von
Amts wegen oder auf Anregung Verwandter, Verschwägerter, des
14 jährigen Kindes selbst, des Gemeindewaisenrats, der Kirchen-
oder Schulbehörde, das Vormundschaftsgericht einen Missbrauch
darin finden, dass ein Elternteil das Bekenntnis eines Kindes
nach begonnenem Konfirmanden- oder Beichtunterrichte ändert
oder als Christ für das Kind ein Bekenntnis bestimmt, dem selbst
nicht der andere® Elternteil angehört. Dem Kinde sollte erst
5 Mouıtor 324; HuBer’s Zeitschr. 33 S. 54, 57; Reichstag 3. Mai 1902
S. 5279, 5282.
6 Reichstag 3. Mai 1902 S. 5282, 5291, 5. Mai 1902 8. 5812; GeIsEL,
I 242, 359, II 28, 118.
” Kommentar von Fuchs 180, Dorner 276, 291; jurist. Zeitschr. für
Els.-L. 1902 S. 438. Höchstens beim eigenen Uebertritt zu einem anderen
Bekenntnisse wird der Erziehungsberechtigte vom Vormundschaftsgericht er-
mächtigt werden, das Bekenntnis auch eines schon 10 Jahre alten Kindes
gegen dessen Willen zu ändern.
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