Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebzehnter Band. (17)

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solchen Festsetzungen regelmässig seine Bestätigung. Für die 
juristische Bedeutung des Ebenbürtigkeitsprinzips ist die Haltung 
der Kaiser somit ganz ohne Wert. Sie würde es dann sein, 
wenn der Grund für ihre Haltung die Ueberzeugung gewesen 
wäre, das Ebenbürtigkeitsprinzip sei rechtlich unhaltbar, wider- 
spreche den Rechtsanschauungen der betrefienden Kreise. Das 
war aber nicht ihre Ansicht. Sie stellten nicht das Ebenbürtig- 
keitsprinzip (welches sie im eigenen Hause doch auch festhielten) 
als etwas Unberechtigtes hin, als etwas, was abzuschaffen sei und 
was sie deshalb nicht genehmigten, sondern sie wollten „die be- 
züglichen Fälle der allerhöchsten Kognition vorbehalten“ 3°, ver- 
langten also, dass jeder Fall zur möglichst freien Entscheidung an 
den Reichshofrat komme, damit er immer ein Wort mitzusprechen 
habe. Es ist das um so weniger eine runde Ablehnung des 
Ebenbürtigkeitsprinzips, als die Kaiser sich dabei doch auch 
vorbehielten, im einzelnen Falle das Ebenbürtigkeitsprinzip an- 
zuerkennen! 
8 18. 
Die Rechtszustände, die das Ebenbürtigkeitsprinzip hatten 
entstehen lassen, waren untergegangen. Der niedere Adel war 
längst vollständig frei geworden und hatte sich sogar zu einer 
sozial höher stehenden Klasse entwickelt. Das römische und das 
kanonische Recht, die Stimmung des Volkes, die Neigung der 
Juristen, der Kaiser und der Reichshofrat, alles war ihm feind- 
lich. Eine grosse Anzahl neuer Familien hatte in den Hochadel 
Aufnahme gefunden, die es nicht anerkannten. Es wäre wunderbar 
gewesen, wenn bei diesem allgemeinen Andringen die Kreise, in 
denen das Ebenbürtigkeitsprinzip galt, die alten Herrengeschlechter, 
dem Geiste der Zeit sich ganz hätten entziehen können. Da 
mochte manchem der Gedanke sich aufdrängen, ob nicht das 
Recht vielleicht veraltet und deshalb aufzugeben sei, so dass er, 
8 PürTTER, Missheiraten S. 308. 
Archiv für öffentliches Recht. XVII. 4. 96
	        
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