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solchen Festsetzungen regelmässig seine Bestätigung. Für die
juristische Bedeutung des Ebenbürtigkeitsprinzips ist die Haltung
der Kaiser somit ganz ohne Wert. Sie würde es dann sein,
wenn der Grund für ihre Haltung die Ueberzeugung gewesen
wäre, das Ebenbürtigkeitsprinzip sei rechtlich unhaltbar, wider-
spreche den Rechtsanschauungen der betrefienden Kreise. Das
war aber nicht ihre Ansicht. Sie stellten nicht das Ebenbürtig-
keitsprinzip (welches sie im eigenen Hause doch auch festhielten)
als etwas Unberechtigtes hin, als etwas, was abzuschaffen sei und
was sie deshalb nicht genehmigten, sondern sie wollten „die be-
züglichen Fälle der allerhöchsten Kognition vorbehalten“ 3°, ver-
langten also, dass jeder Fall zur möglichst freien Entscheidung an
den Reichshofrat komme, damit er immer ein Wort mitzusprechen
habe. Es ist das um so weniger eine runde Ablehnung des
Ebenbürtigkeitsprinzips, als die Kaiser sich dabei doch auch
vorbehielten, im einzelnen Falle das Ebenbürtigkeitsprinzip an-
zuerkennen!
8 18.
Die Rechtszustände, die das Ebenbürtigkeitsprinzip hatten
entstehen lassen, waren untergegangen. Der niedere Adel war
längst vollständig frei geworden und hatte sich sogar zu einer
sozial höher stehenden Klasse entwickelt. Das römische und das
kanonische Recht, die Stimmung des Volkes, die Neigung der
Juristen, der Kaiser und der Reichshofrat, alles war ihm feind-
lich. Eine grosse Anzahl neuer Familien hatte in den Hochadel
Aufnahme gefunden, die es nicht anerkannten. Es wäre wunderbar
gewesen, wenn bei diesem allgemeinen Andringen die Kreise, in
denen das Ebenbürtigkeitsprinzip galt, die alten Herrengeschlechter,
dem Geiste der Zeit sich ganz hätten entziehen können. Da
mochte manchem der Gedanke sich aufdrängen, ob nicht das
Recht vielleicht veraltet und deshalb aufzugeben sei, so dass er,
8 PürTTER, Missheiraten S. 308.
Archiv für öffentliches Recht. XVII. 4. 96