Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebzehnter Band. (17)

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um Verhältnisse handelte, deren Ursprung in dunkler Vorzeit 
und deren Begründung in untergegangenen Zuständen lag, sahen 
sie auch das geltende Recht in sich widersprechenden Erschei- 
nungen zu Tage treten. Hier Familien des Hochadels, die die 
Ebenbürtigkeit strikte forderten, dort solche, die den niederen 
Adel als gleichberechtigt anerkannten; bald Zuwiderhandlungen, 
die energisch bekämpft wurden, bald solche, gegen die die Agna- 
ten nicht reagierten, oder die sie sogar ausdrücklich genehmigten, 
Da der eigentliche Grund der Ebenbürtigkeit dem Gedächtnisse 
ganz entschwunden war, und man glaubte, die alten Familien 
seien in ganz der gleichen Weise, wie man es täglich von den 
neuen Familien sah, in den hohen Adel aufgestiegen, so schienen 
den Juristen die Zustände auf dem Gebiete des Ebenbürtigkeits- 
prinzips ebenso verworren als willkürlich geschaffen zu sein, 
Denn das, was das Kriterium des hohen Adels war, die 
Reichsstandschaft, rechtfertigte das Ebenbürtigkeitsprinzip in 
keiner Weise. Allerdings meinten die Vertreter der strengeren 
Ansicht, die Landeshoheit, die Herrschaft über Land und Leute, 
sei etwas so Erhabenes, ihr Besitz begründe einen solchen Unter- 
schied, dass man mit Recht Fürsten und Freie, nämlich hohen 
und niederen Adel, nicht mehr für ebenbürtig erachtet habe°®, 
Allein man konnte sich dabei doch nicht der Erwägung ver- 
schliessen, dass eine ganze Reihe von Familien des hohen Adels, 
nämlich die neu in denselben aufgestiegenen, die Ebenbürtigkeit 
nicht verlangten. Und sie waren doch ebensogut Reichsstände, 
wie jene alten Geschlechter! Da schien es ihnen mehr doch nur 
ein gewisser Hochmut zu sein, der diese veranlasst hatte, sich 
nach unten abzuschliessen, ohne dass eine innere Notwendigkeit 
dazu vorhanden war. Und so behaupteten die Vertreter der 
laxeren Ansicht, diese später hinzuerworbene Landeshoheit sei 
immer etwas Accidentelles, was die (von ihnen angenommene) 
88 PürtTEerR S, 329 ff.
	        
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