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ihnen die reformatorische Geistesarbeit der Encyclopädisten. Besonders in-
teressant ist auch ‚das Schlusskapitel, welches den Einfluss der Encyclopädie
auf Beccaria behandelt. Laband.
Luigi Raggi, Esame critico delle varie teorie moderne sopra la
nozione d’Autarchia. Torino 1902. 112 p. 8°. (Rivista Italiana
per le scienze giuridiche. Vol. XXXIII. Fasc. 1 und 2.)
Seit etwa 20 Jahren ist der Ruf nach Selbstverwaltung in Italien ein
politisches Schlagwort geworden, wie etwa 20—30 Jahre zuvor in Deutschland;
man hofft von der Einführung der Selbstverwaltung die Heilung aller Schäden
der Verwaltung, die Ausgleichung der Klassengegensätze, die Milderung des
Parteihasses, die Hebung der politischen Volksbildung und noch vieles andere
Gute. Auch der Verf. schliesst seine Abhandlung mit einer überschwäng-
lichen Lobeshymne auf die Selbstverwaltung. Dabei sind aber Politiker und
Juristen sehr verschiedener Ansicht über Begriff, Wesen und Gestaltung der
Selbstverwaltung, und da es in Italien thatsächlich eine Selbstverwaltung
weder im englischen noch im deutschen Sinne giebt, so wird der Streit der
Meinungen fast ausschliesslich auf dem Felde der Theorie geführt, und die
deutsche Litteratur hat auf die reich entwickelte staatsrechtliche Litteratur
Italiens in dieser Lehre einen sehr grossen Einfluss ausgeübt. Die Meinungs-
verschiedenheit ist auch in Itelien nicht geringer als in Deutschland; ja
selbst der Ausdruck für Selbstverwaltung ist schwankend und unsicher und
der Verf. der vorliegenden Abhandlung beginnt diese mit einer ausführlichen
Rechtfertigung des Wortes autarchia an Stelle der sonst gebrauchten Be-
zeichnungen, z. B. autonomia administrativa, autogoverno u. Ss. w.
Der Verf. will eine kritische Uebersicht aller neueren Theorien über
den Begriff der Selbstverwaltung geben und auf Grund derselben die rich-
tige Definition gewinnen. Er kennt nicht nur die ganze italienische Litteratur,
sondern auch in erstaunlichem Umfange die deutsche; freilich entnimmt er,
um recht vollständig alle Aeusserungen deutscher Schriftsteller aufzuführen,
zahlreiche Zitate aus zweiter Hand, besonders aus den Abhandlungen von
Guru und HATScHEK, was er in der Regel selbst angiebt. So anerkennens-
wert diese fleissige und für den Ausländer besonders mühevolle Durch-
forschung der deutschen Litteratur ist, so ist es doch nach meiner Ansicht
dem Verf. nicht gelungen, ein getreues Bild derselben zu geben, welches
ihrer genetischen Entwickelung und ihrem gegenwärtigen Stande entspricht
Der Verf. häuft die Zitate, aber er vermag sie nicht zu wägen und den Ein-
fiuss der verschiedenen Schriften richtig zu schätzen; unbedeutende, gelegent-
liche, der selbständigen Begründung entbehrende Bemerkungen und vieles,
was ganz veraltet ist, stören die Anschaulichkeit; bisweilen sucht der Verf.
hinter einer unerheblichen Verschiedenheit des Ausdrucks einen sachlichen