Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebzehnter Band. (17)

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wahl an sich klar machen. So würden also dem Verfahren alle diejenigen 
Mängel anhaften bleiben, die mit der Mehrheits- Einerwahl verbunden sind, 
heftigste Aufwühlung der Leidenschaften im Kampf um die Bezirksmandate, 
unnatürliche Wahlbündnisse u. s. f,, denn die Parteien werden in jedem 
einzelnen Bezirke suchen müssen, schon in der Einerwahl einen Erfolg zu 
erringen, weil es höchst ungewiss ist, ob in der Nachberechnung gerade auch 
auf ihren Bezirk ein Mandat entfallen werde. Damit müsste aber den 
Verhältniswahlen einer ihrer sittlichen Hauptvorzüge geraubt werden: För- 
derung der Wahrheit und der Ehrlichkeit im politischen Kampfe dadurch, 
dass jede Partei auf eigene Füsse gestellt und ihr ein Wahlerfolg nach Mass- 
gabe der von ihr selbst auf ihr eigenes Programm hin aufgebrachten Stimnien- 
zahl gewährleistet wird. K. Gageur. 
Joseph Grunzel, System der Handelspolitik. Mit 3 Tabellen. Leip- 
zig, Verlag von Duncker & Humblot, 1901. 8°. 6148. M. 13.—. 
Das Werk, das uns der ebenso belesene wie praktisch veranlagte 
Verf. hier bietet, ist offenbar als Lehr- und Handbuch gedacht und wird 
namentlich in seinen Kapiteln über die äussere Handelspolitik (Zolltarife und 
Handelsverträge) Studenten und Geschäftsleuten gute Dienste leisten. Es 
ist ein sehr grosses Material, übersichtlich zusammengetragen und geschickt 
verarbeitet. Der Verf. nennt sein Buch nicht gerade sehr glücklich ein 
„System der Handelspolitik“. Besser wäre der Titel „Lehrbuch“. Für ein 
System ist es zu kompilatorisch gearbeitet und ausserdem ist die Dogmen- 
geschichte, die gerade auf dem Gebiete der Handelspolitik besonders reich 
und interessant ist, viel zu flüchtig dargestellt. Man kann dem Buche auch 
den Vorwurf machen, dass in demselben die Handelsgeschichte arg zu kurz 
kommt, und in der That ist dieser Vorwurf erhoben worden. Indessen hat 
der Verf. ausdrücklich erklärt, dass er in erster Linie ein praktisches Orien- 
tierungsmittel geben wolle und für die Gegenwart schreibe. In dieser Ab- 
grenzung kann man die Handelsgeschichte und die entwicklungsgeschichtlichen 
Erklärungen der Handelsinstitutionen vielleicht entbehren. 
Jedenfalls ist der Verf. besonders befähigt, gemeinverständlich zu 
schreiben, und diese Gabe bewährt sich besonders bei seiner klaren Dar- 
stellung des Börsenwesens. Ziemlich dürftig, ja oberflächlich ist dagegen das- 
jenige, was über die Börsengesetzgebung gesagt wird. Was GRUNZEL in 
einigen Sätzen über die Börsenbesteuerung sagt, ist geradezu nichtssagend. 
Ueberhaupt erscheint der erste Teil des Buches über die innere Handels- 
politik, namentlich über die Handelsinstitutionen und die Unternehmungs- 
formen im Handel, welch letztere in ihrer Form als Handelsgesellschaften 
in wenigen Seiten abgethan werden, viel weniger gelungen, als der zweite 
Teil, der die äussere Handelspolitik behandelt. In diesem zweiten Teil be-
	        
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