Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achtzehnter Band. (18)

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individuellen Willens ist, welche direkt vom Gesetz abgeleitet und von ihm 
bestimmt ist. (S. 698 ff.) 
Ich habe versucht, die wichtigsten Grundsätze, welche der Verf. auf- 
stellt, möglichst objektiv und kurz hier zusammenzustellen; auf die zahl- 
reichen Einzelausführungen und namentlich auf die einen grossen Teil des 
Werkes einnehmenden kritischen Erörterungen, welche der Verf. auch be- 
sonders der neuesten deutschen staatsrechtlichen Litteratur widmet, kann 
ich in dieser Besprechung nicht eingehen. Wenn ich ein Gesamturteil über 
das Werk kurz zusammenfassen soll, so geht es dahin: Das Werk ist durch- 
weg sehr interessant, aber wenig überzeugend. Es ist eine Wahrheit, die 
keineswegs neu ist, dass das Recht der Ausdruck der sozialen Ordnung und 
rechtlichen Volksanschauungen ist und dass die Gesetze, wenn sie diesem 
Erfordernis nicht entsprechen, nicht von dauerndem Bestand sein können; 
für die Jurisprudenz, auch die wissenschaftliche, kommt es aber nur auf 
das positive und erkennbare, nicht auf das in der sozialen Struktur 
enthaltene latente Recht an. Ebenso ist es eine unzweifelhafte und 
keineswegs neue Wahrheit, dass alle Rechtsbefugnisse und Rechtspflichten 
im objektiven Recht wurzeln und die Thatbestände an sich ohne Rechts- 
wirkungen sind, sofern das objektive Recht sie nicht zu Voraussetzungen 
solcher Rechtswirkungen macht. Aber dessen ungeachtet ist es nicht gleich- 
gültig, ob Willensakte, Rechtsgeschäfte, diesen Thatbestand bilden, die 
Rechtswirkungen also durch den individuellen Willen hervorgerufen und 
durch ihn bedingt werden, oder ob sie unabhängig von diesem Willen ein- 
treten. Während man z. B. bisher sich damit zufrieden gab zu sagen, dass 
der Monarch das Recht hat, das Parlament aufzulösen und damit das 
Recht der Mitgliedschaft der Abgeordneten zu beendigen, müsste man nach 
Duguit sagen: Wenn der Monarch den Willen erklärt, das Parlament auf- 
zulösen, so ist dies ein rein thatsächlicher Vorgang ohne alle juristische 
Wirkung. Wenn aber dieser Wille in einer dem objektiven Recht entsprechen- 
den Form erklärt wird, so knüpft das objektive Recht daran die Wirkung, dass 
die einzelnen Abgeordneten aus dem durch das objektive Recht infolge des 
rein thatsächlichen Faktums ihrer Wahl ihnen zugewiesenen Kreis von ob- 
jektiven Funktionen und objektiven Pflichten ausscheiden. Was ist damit 
sewonnen? Ebenso glaube ich nicht, dass die Eliminierung der Begriffe 
der Staatspersönlichkeit, der Staatsgewalt, der Herrschaftsrechte, der Staats- 
organe, der Dienstgewalt u. s. w. zur Verbesserung der Dogmatik des 
öffentlichen Rechts gereicht. Laband.
	        
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