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notenbank, die in erster Linie von volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten ge-
leitet wird, garantiert.
Gewisse Schwierigkeiten werden allerdings, auch wenn dieser Vorschlag
acceptiert wird, bestehen bleiben; denn nach wie vor wird die Schweiz, so-
lange sie zum Lateinischen Münzbunde gehört, von Frankreich abhängig
bleiben. Der Wert der schweizerischen Valuta dritten Währungen gegen-
über hängt nämlich nur zum kleineren Teil von dem Stande der Zahlungs-
verpflichtungen zwischen der Schweiz und dritten Ländern ab; in über-
wiegendem Masse wird es durch die wirtschaftliche Lage Frankreichs und
die Politik seiner Zentralbank bestimmt. Die Bank von Frankreich nun be-
treibt Prämienpolitik; sie schützt im Falle von Kapitalströmungen nur ihren
eigenen Goldvorrat gegen Entnahmen, nicht denjenigen des ganzen Landes;
sie verweist die Nachfrage nach Gold für den Export auf den Umlauf,
welchem gegen Gewährung eines Aufgeldes das zur Zahlung an andere
Länder benötigte Gold entzogen werden muss. Hierdurch bewirkt sie, dass
die französischen Wechselkurse gegenüber Goldwährungsländern grösseren
Schwankungen ausgesetzt sind, als es sonst zwischen Währungen, die auf
Gold begründet sind, der Fall ist. Diese Schwankungen macht die schwei-
zerische Valuta mit; die schweizerischen Wechselkurse halten sich sogar, da
die Schweiz gegenwärtig nur auf dem Umwege über Frankreich Goldzahlungen
an dritte Länder leisten kann, und der französische Kurs in der Regel un-
günstig ist, zumeist auf einem noch höheren Niveau, als die französischen,
Die Schweiz hat also alle ungünstigen Folgen der in deutschen bimetalli-
stischen Kreisen so hoch gerühmten Prämienpolitik für die Gestaltung der
Wechselkurse zu tragen, ohne irgendwelchen Vorteil davon zu geniessen.
Die Prämienpolitik schützt nur den Goldbestand der Bank von Frankreich,
nicht aber den Barvorrat der schweizerischen Notenbanken.
Das einfachste Mittel für die Schweiz, aus diesem unerträglichen Ab-
hängigkeitsverhältnis von Frankreich und der Bank von Frankreich heraus-
zukommen, wäre natürlich die Kündigung des lateinischen Münzbundes und
die Einführung der reinen Goldwährung. KALKMARN nimmt diese Eventualität
so ernstlich ins Auge, dass er einen förmlichen Valutareformplan in allen
Einzelheiten für diesen Fall entwirft. Dass man auch in der Schweiz längst
eingesehen hat, wie störend, ja verhängnisvoll der internationale Währungs-
vertrag wirken kann, beweisen mannigfaltige Kundgebungen der letzten
Zeit, und noch kürzlich (1902) hat ein schweizerischer Nationalökonom,
Dr. A. Meyer-Zürich, diese Verhältnisse in dem „Schweizerischen Jahrbuch
für Finanz- und Versicherungswesen* behandelt. Trotzdem glaubt der Re-
ferent, dass in absehbarer Zeit von einer Lösung des internationalen Münz-
vertrages nicht die Rede sein kann, und wird durch die im September d. Js.
bekannt gegebene Thatsache, dass der schweizerischen Regierung von den
Teilnehmern an der Lateinischen Münzunion erlaubt worden ist, den Umlauf
an Silbermünzen von 12 auf 40 Millionen Franken zu erhöhen, in seiner
Archiv für öffentliches Recht. XVII. 1. 8