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in der Hauptsache auf zwei Ursachen zurückführen. Zunächst ist das An-
lagekapital in Baden verhältnismässig viel höher als in Preussen. Im Jahre
1899 betrug es pro Kilometer durchschnittlicher Betriebslänge in Baden
344551 Mark, in Preussen nur 258099 Mark. Das pro Kilometer um
25 Frozent niedrigere Anlagekapital der preussisch-hessischen Staatsbahnen
erbrachte einen Einnahmeüberschuss von 18738 Mark pro Kilometer, während
der badische Einnahmeüberschuss für das gleiche Jahr 1899 sich nur auf
15743 Mark pro Kilometer belief. Diese Differenz von nahezu 3000 Mark
zu gunsten Preussens geht nicht auf höhere Bruttoeinnahmen seiner Eisen-
bahnen zurück. Diese sind in Baden beträchtlich höher. Dagegen sind die
Betriebsausgaben in Baden so hoch, dass sie die Betriebseinnahmen bis zu
dem erwähnten Ueberschuss aufzehren. Es würde zu weit führen, die Ur-
sachen des Abstandes zwischen den Anlagekapitalien und den Betriebskosten
der beiden Staatsbahnen aufklären zu wollen!. Entsprechend der eigen-
artigen Stellung der Staatsbahnen im badischen Staatshaushalt ist dieser
in der Hauptsache auf Einnahmen öÖffentlichrechtlicher Natur begründet.
Im Jahre 1900 betrugen die Einnahmen der Steuerverwaltung 87,3 Pro-
zent, die privatwirtschaftlichen Staatseinnahmen nur 12,7 Prozent der ge-
samten Staatseinkünfte. Im Jahre 1850 war der Anteil der privatwirt-
schaftlichen Einkünfte noch 33,6 Prozent, der badische Staatshaushalt ent-
wickelt sich also immer mehr im Sinn einer reinen Steuerwirtschaft. An
dem Steuereinkommen sind die direkten Steuern mit 39, die indirekten
Steuern mit 41,1 Prozent beteiligt. Die indirekten Steuern spielen wie
überall in Süddeutschland, so auch im badischen Steuereinkommen eine sehr
wichtige Rolle. Sie zerfallen in Verbrauchssteuern und Verkehrssteuern.
Unter den Verbrauchssteuern sind die Biersteuer und die Weinsteuer, unter
den Verkehrssteuern die Steuer vom Verkehr mit Liegenschaften und die
Erbschaftssteuer die finanziell bedeutsamsten. Diese einträgliche indirekte
Besteuerung bildet so recht das Rückgrat des badischen Staatshaushalts.
Sie fehlt in dieser Bedeutung sowohl den preussischen wie den sächsischen
und hessischen Finanzen. In diesen Staaten muss an ihre Stelle der oft
schwankende Ertrag der Staatseisenbahnen treten. Diese Schwankungen hat
zwar noch nicht Preussen oder Hessen, wohl aber Sachsen zu seinem grossen
Schaden erfahren. Das beträchtliche Einkommen Badens aus indirekten
Steuern hat also bis zu einem gewissen Grad die badische Eisenbahnfinanz-
politik ermöglicht. Die direkte Besteuerung war ursprünglich eine Ertrags-
! Vgl. hierüber und über das Folgende R. v. Kaurmanıs Aufsatz
„Einige Bemerkungen zu den preussischen Budgets seit 1880“ im Finanzarchiv,
herausgegeben von F. Schanz, Bd. XVII (1900) S. 144—177. Die statisti-
schen Daten sind entnommen der Schrift „Die sächsischen Eisenbahnen in
historisch-statistischer Darstellung* von ALBERT WIEDEMANN, Leipzig 1902,
S. 253.