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verständlich fast durchweg Fragen von politischem Charakter und beziehen
sich auf bestimmte Vorgänge, Gesetzesvorschläge, parlamentarische Debatten,
Zeitungsfehden. Sie haben daher zum grossen Teil gar nicht die Tendenz,
stastsrechtliche Grundsätze zu entwickeln, sondern sind dem besonderen
Zweck, den sie erreichen wollen, angepasst und je nach der Adresse, an
welche sie nach der eigentlichen Absicht gerichtet sind, sehr verschieden
gefärbt. Von einer Kritik der weltberühmten, klassischen und durch Form
und Inhalt gleich ausgezeichneten Reden und Aufsätze Bismarcks kann hier
natürlich keine Rede sein. Die Herausgeber haben mit Umsicht eine reiche
Auswahl getroffen, sie unter gewisse Abschnitte übersichtlich verteilt und
den Anlass zu den einzelnen Reden und Artikeln erzählt. Der Titel „Staats-
recht“ ist aber ganz irreführend; die staatsrechtlichen Gesichtspunkte sind
aus der Masse des Stoffes nicht herausgehoben und wissenschaftlich abstra-
hiert, sondern es ist sozusagen das Rohmaterial gesammelt, aus welchem
der Leser sich die staatsrechtlichen Goldkörner heraussuchen mag. Mit
einer Arbeit, wie sie Rosın in seinen „Grundzügen einer allgemeinen Staats-
lehre nach den politischen Reden und Schriftstücken des Fürsten Bismarck“
Freiburg 1897 geliefert hat, ist das vorliegende Sammelwerk in keiner Be-
ziehung zu vergleichen. Laband.
Geschichte der österreichischen Land- und Forstwirtschaft und
ihrer Industrien 1848—1898. Festschrift zur Feier der am 2. De-
zember 1898 erfolgten fünfzigjährigen Wiederkehr der Thronbesteigung
Sr. Majestät des Kaisers Franz Joseph I. Wien, Kommissionsverlag
M. Perles 1899—1901. 5 Bde. Gross-Lexikon-Oktav.
Die Jahrhundertwende hat eine Reihe grossangelegter Werke aus der
wissenschaftlichen Kollektivarbeit herausgeholt, die gleichsam die Bilanz des
sinkenden Jahrhunderts, den ziffermässigen Ausdruck seines Ertrages erkennbar
zu machen bestimmt gewesen. Kommt einem solchen Rechenschaftsbericht
aus jedem Arbeitsgebiete der Wert eines Gradmessers zu für die Leistungs-
kraft der fachlich an der Spezialforschung beteiligten Männer, so erweitert
und steigert sich der Dienst, den ein solches Unternehmen dem geistigen Leben
gewährt, in starker Progression, wenn der eröffnete Ausblick sich nicht auf ein
Segment, nicht auf eine Provinz des Schaffens und Forschens erstreckt, sondern
Zusammenhänge und Beziehungen zur Einheit des staatlichen Seinsund Werdens
geboten werden sollen. Das vorliegende imposante Werk hat sich neben dieser,
an sich schon reiches Können fordernden Aufgabe, noch eiye zweite ebenso
schwierige, aber auch in gleichem Masse lohnende gestellt. Sie will gleichsam
den Ertrag der fünfzigjährigen Regierungszeit Franz Josephs feststellen für den
historischen Entwicklungsgang aller Zweige der Land- und Forstwirtschaft und
der verwandten Verwaltungsgebiete. Mag der Stab der Mitarbeiter eines solchen
Unternehmens — nach sachlicher Legitimation wie nach der Kopfzahl — 50