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Regulierung des Grundbesitzes, des Wucherwesens, des Grundbuchs und der
Zwangsvollstreckung. Man merkt den Beiträgen das berechtigte Behagen
der Verfasser an, sich unbeengt durch die traditionelle Raumnot unserer
Zeitschriften und Lexika ihren Stoffen mit voller Hingebung widmen, auch
zu den tiefer gelegenen Quellen vordringen zu können. Dabei darf der Umstand
nicht unberücksichtigt bleiben, dass unseren Fachgenossen in Oesterreich
nicht die hülfreiche Detailarbeit der Doktordissertationen zu Gebote steht,
aus deren kleinen oder grösseren Bruchstücken die deutsche litterarische
Produktion beim Aufbau zusammenfassender Darstellungen gehaltvolle Förde-
rung und sachliche Verifikationsbehelfe findet. Um so höher ist das Gebotene
zu bewerten, das einen halbhundertjährigen Entwicklungsgang mit zahlreichen
Anknüpfungen an rechtsgeschichtliche Vorläufer und praktischen Ausblicken
in den bevorstehenden Werdegang verbindet. Dies gilt im besonderen von
den mitten im Fluss der Meinungen und Erscheinungen stehenden Unter-
suchungen Morız ERTLs über die Versuche einer Argrarreform, die Ansätze
zur Lösung des Problems der Beschränkung der Freiteilbarkeit, des Erbrechts,
der Verschuldungs- und Belastungsfreiheit.e Aus ErtLs Gedankenführung
geht deutlich hervor, was sich auch dem parteilosen Kritiker der Dinge in
Deutschland als Beobachtungsergebnis bald aufdrängt, dass die Versuche einer
Reform des gesamten Agrarrechts so lange Stückwerk und Momentlösungen
bleiben mussten, bis sich den landwirtschaftlichen Kreisen selbst die Erkenntnis
von der Notwendigkeit genossenschaftlichen Zusammenhanges aufgeschlossen
hatte. ERTL bringt dies Verhältnis zutreffend in die Formel, dass erst das
agrarische Personen- und Verbandsrecht geschaffen werden musste, wenn
die Reform des Sachenrechts auf agrarischem Gebiete systematisch in die
Hand genommen werden sollte.
Die Geschichte der agrarischen Verwaltung von Leo v. Herz giebt
im Zusammenhang mit zahlreichen anderen Beiträgen, so von JoH. POHL,
E. Msısst, G. Marcher, A. Rossırar, L. Divmitz u. a. wichtige Segmente aus
der Verwaltungsorganisation und dem Behördenrecht Oesterreichs.
Die staats- und volkswirtschaftlichen Probleme des behandelten Fragen-
kreises liegen in besten Händen, sobald unsere österreichischen rechtswissen-
schaftlich gut durchgebildeten nationalökonomischen Fach-
kollegen sie mit klarem Blick für die Beziehungen zum positiven Recht
in Behandlung nehmen. Bei allen nationalen und politischen Gegensätzen
liegt doch in diesen Schülern des unvergesslichen L. v. STEIN, der MEnGER,
MıAaskowskı, InawA, PHıLippovich etc. die klare Einsicht in die wirklichen
Bedürfnisse und realisierbaren Forderungen des staatlichen Lebens, die immer
nur die wissenschaftliche Durchdringung des positiven Rechts dem Wirt-
schaftspolitiker verleiht. Proben dieser Leistungskraft geben uns in der ge-
schichtlichen Darstellung der Entwicklung des Agrarkredits Auzın BRAF,
Fero. Schmiv, Kar Apter, des land- und forstwirtschaftlichen Verkehrs-
wesens ALFRED Birk, A. OELWEIN, des Markt-, Börsen- und Getreide-Zoll-