Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achtzehnter Band. (18)

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Diese Stelle giebt die Auffassung wieder, wie sie sich Ende 
des 13. Jahrhunderts entwickelt hatte; und wenn der Schwaben- 
spiegel, ebenso wie der Sachsenspiegel, an sich auch nur eine 
Privatarbeit ist, so hat er doch in der Folge, ebenso wie dieser, 
eine autoritative Bedeutung gewonnen, und dies namentlich in 
staatsrechtlicher Hinsicht, und vor allem auch in den Punkten, 
wo er von den Grundsätzen des Sachsenspiegels abweicht und 
eine Weiterbildung beweist; der Schwabenspiegel galt als kaiser- 
liches Recht. 
Aber die Stelle zeigt uns nicht nur die Denkweise jener 
Zeit, sondern sie bietet eine Regel, welche die Fragen der 
Ebenbürtigkeit völlig konsequent löst und den Rechtszweck und 
die Rechtsvernunft für sich hat. Seit sich im Mittelalter der 
Herrenstand als der Stand der Herrschenden und am Reichs- 
regiment Teilnehmenden entwickelte, war es völlig sachgemäss, 
dass die Herrschenden, wie sie unter sich einen Stand bildeten, 
auch unter sich heirateten. Dieser Gedanke hat eine tiefe Be- 
gründung für sich: will man ihn nicht, so werfe man eben die 
Ebenbürtigkeitsgrundsätze einfach über Bord und bestimme, dass 
eine jede Ehe ohne alles weitere ebenbürtig ist und die Succes- 
sionsfähigkeit begründet: irgend ein mittleres Prinzip lässt sich 
nicht halten und entbehrt des inneren Zusammenhanges, 
Dabei gedenke ich zwei Beiträge zu geben, im ersten Beitrag das Gutachten, 
so wie ich es vor drei Jahren erstattete, was ich um so lieber thue, als ich 
in der Schrift von STOERK, „Die agnatische Thronfolge im Fürstentum Lippe“, 
1903, mit grosser Freude einigen Ideen begegne, die sich mit den meinigen 
berühren: zwei auf solche Weise ganz selbständig voneinander entwickelte 
Gedankengänge zweier Forscher gewinnen durch ihre Uebereinstimmung 
wesentlich an Kraft und Befestigung. Einen Punkt in der Erbfolgefrage;, 
das Verhältnis zwischen der Landesgesetzgebung und dem Erbfolgerecht des 
Agnaten, habe ich unterdessen auch in meiner Einleitung in die Rechts- 
wissenschaft, S. 111f., durchgeführt. Im übrigen gebe ich das Gutachten mit 
einigen stilistischen Aenderungen. — Auf die civilgerichtlichen Feststellungs- 
urteile von 1900, 1901, 1902 und die dadurch aufgeworfenen grossartigen Ge- 
richtsbarkeitsfragen werde ich sodann in meinem zweiten Beitrag eingehen.
	        
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