Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achtzehnter Band. (18)

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Dieser Punkt ist bei den bisherigen Erörterungen viel zu 
sehr beiseite geblieben: man hat über der Ebenbürtigkeit als 
historischer Erscheinung die Ebenbürtigkeit als eine innerlich be- 
gründete Aeusserung der Rechtsvernunft viel zu sehr übersehen. 
Wenn sich solche Erscheinungen historisch entwickeln, so ent- 
wickeln sie sich auf Grund von vernünftigen Gedanken, die die 
Menschheit beherrschen; sie entwickeln sich zur Erreichung von 
Zwecken und Zielen, denen das Völkerbewusstsein instinktiv 
zustrebt. 
Analysieren wir aber die Gründe, warum der Herrenstand 
bei der Ehheschliessung unter sich bleibt, so ergeben sich sofort 
zwei Momente der allerwichtigsten und triftigsten Art. Es ist 
allerdings nicht so, als ob der Herrenstand eine besondere Kaste, 
eine besondere „varna“ bildete mit besonderen Eigenschaften und 
Anlagen, als ob er aus ganz besonders privilegierten Ab- 
stammungsbedingungen hervorginge: der Adel ist nichts Uraltes, 
er ıst unter eigenartigen historischen Erscheinungen hervor- 
getreten; historische Zufälligkeiten konnten ihn zur Entwicklung 
bringen, und noch heutzutage können Ereignisse oder Verdienst 
Familien irgend welcher Abstammung in die Herrscherklasse 
erheben, wie z. B. die Bonapartes. 
Wohl aber ist 
1. ein Zusammenschluss der Familien des herrschenden Stan- 
des durch Eheschliessung sehr wünschenswert für die Einigung der 
Länder, für die Gewinnung von Allianzen, für die Befestigung 
von Friedensbedingungen, für die Ausgleichung von Differenzen, 
für die Beseitigung langjähriger Feindschaften. An einer richtigen 
Eheschliessung im Fürstenhaus hängt oft das Wohl des Landes, 
und in dieser, wie in anderen Beziehungen, ist es die erhabene 
Aufgabe fürstlicher Geschlechter, ihre persönlichen Neigungen 
dem Wohle der Völker zum Opfer zu bringen. 
2. Andererseits ist es bedeutsam, dass die Frau eines Fürsten- 
hauses aus einem Stande ist, in dem das Gefühl für die Be- 
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