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auch nur wiederholen, dass WELCKER in v. ROTTECK und
WELCKERs Rechtslexikon unter „Gesetz“ bezeugt, dass für die
Gerichte dort, wo Stände mit entscheidender Stimme bestehen,
nur die mit Zustimmung der Stände erlassenen Vorschriften voll-
ziehbar sind. SEYDEL bezeugt, dass die rheinpfälzischen Gerichte
sich (aus diesem Grunde) geweigert haben, die vom Könige von
Bayern ohne Zuziehung des Landtages erlassenen Polizeivorschriften
anzuwenden. Ebenso hebt ZÖöPFL, Grundsätze u. s. w. 1848
S. 336 hervor: „In der konstitutionellen Monarchie findet da-
gegen — das Eigentümliche statt, dass die von dem Souverän
einseitig (d. h. ohne die Stände) erlassenen allgemeinen Verord-
nungen nur dann von den Gerichten als Entscheidungsnormen be-
folgt und angewendet werden dürfen —, wenn sie entweder blosse
Vollzugsverordnungen oder Notverordnungen (provisorische Ver-
ordnungen) sind“. Auch X. A. Zacnarıä (Deutsches Staats- und
Bundesrecht, 3. Aufl. II 170) spricht sich (1867) dahin aus,
dass sich das landesherrliche Verordnungsrecht weder auf die Ge-
richtsorganisation noch auf das Prozessrecht erstrecke !*.
Auch Gneisrt!°, der in seinen verschiedenen Schriften den
Satz ausspricht, dass die Civil- und Kriminalgerichtsbarkeit nur
unter der Autorität formeller Gesetze ausgeübt werden darf,
muss als Beweiszeuge gelten, obgleich der von ihm vertretene
Satz nicht mit ihm aus dem alten germanischen Gesetzesbegriffe,
sondern aus der modernen Lehre von der Gewaltenteilung ab-
geleitet wurde. Bei der Verhandlung von 1865 über das Prisen-
reglement von 1864 im preuss. Abgeordnetenhause erkannte der
damalige Justizminister Graf Lıppe namens der Staatsregierung
an, dass alle sogenannten „Rechtsgesetze“ der Zustimmung
des Landtags bedürfen, d. h. dass die zur Anwendung durch
* Die Begründung, die ZacHARIÄ giebt, ist unerheblich und nicht rich-
tig. Er findet diese darin, dass solche Prozessnormen in die Rechte ein-
greifen. Dies trifft aber auf die damalige Rechtsauffassung nicht zu.
15 v. HOLTZENDORFFs Rechtslexikon s. v. Verordnung und sonst.