Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achtzehnter Band. (18)

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laut des Art. 2: „Die Reichsgesetze erlangen ihre verbindliche 
Kraft durch ihre Verkündigung von Reichs wegen, welche ver- 
mittelst eines Reichsgesetzblattes geschieht“, indem daraus die 
Schlussfolgerung gezogen wird, dass, wenn ein Reichsgesetz von 
Reichs wegen im Reichsgesetzblatt verkündet ist (und zwar nach 
Ausfertigung durch den Kaiser, Art. 17), es eben dadurch „ver- 
bindliche Kraft“ erlangt hat. Solches ist auch u. a. die Ansicht 
des Reichsgerichts, welches (Erk. vom 26. März 1901, Entsch. 
Bd. 48 8. 84f.) es ausdrücklich ablehnt, festzustellen, ob etwa die 
verfassungsmässig vorgeschriebene Mehrheit beim Zustandekommen 
des Bundesratsbeschlusses vorhanden gewesen sei. 
In Preussen kann Streit über unsere Frage nicht bestehen, 
da nach Art. 106 preuss, Verf. Gesetze und (königliche) Verord- 
nungen verbindlich sind, wenn sie in der vom (esetze vor- 
geschriebenen Form bekannt gemacht worden sind. Wie die Ver- 
handlungen der Revisionskammern ergaben, hat die Verfassung 
keinen neuen Rechtssatz damit aufstellen, sondern lediglich die 
Gewaltenteilung insoweit zur Anwendung bringen wollen. Der 
Berichterstatter, der rheinische?! Appelrat BROICHE, konstatierte 
ohne Widerspruch, dass die Trennung der Gewalten der wichtigste 
Grundsatz sei, dass die ganze Bedeutung der gesetzgebenden 
Gewalt unstreitig darin bestehe, dass die Beschlüsse der drei 
Faktoren unter allen Umständen als Gesetze gelten, dass daher 
das höchste Organ, die gesetzgebende Gewalt, nicht der richter- 
lichen unterworfen sein dürfe. Wenn Art. 106 nicht einstimmig 
angenommen wurde, so geschah dies, weil man das richterliche 
Prüfungsrecht bei den königlichen Verordnungen, wie es in 
Frankreich und Belgien besteht, nicht entbehren wollte??. Dem- 
20 Sten. Ber. der II. Kammer 1849/1850 S. 2119. 
*?! Die rheinischen Juristen waren sowohl bei dem Verfassungswerk 
als der Strafprozessreform damals absolut tonangebend. 
”* Aus der Einbringung und Durchsetzung des Art. 106 schloss man 
damals, wie die Reden u. a. von Kisker ergeben und mir als sicher mit-
	        
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