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der Aufsichtsbehörden ist neuerdings in der Absicht erfolgt, die
Krankenkassen in solchen Fällen zur Gewährung von Kranken-
hauspflege zu zwingen, in welchen der Arzt diese für erforder-
lich erklärt hatte. Insbesondere hat das Königlich Sächsische
Ministerium des Innern sich mit der Kreis- und der Amts-
hauptmannschaft Dresden auf den Standpunkt gestellt, dass in
8 7 Kr.-V.-G. kein freies Wahlrecht der Kassenvorstände betrefis
der Ersetzung der sonstigen Krankenunterstützung durch die An-
staltspflege gegeben sei, sondern dass die Kasse sich der Unter-
bringung des Patienten im Krankenhause solchenfalls nicht ent-
ziehen könne!®. Dieser Anschauung kann nicht beigepflichtet, es
muss vielmehr betont werden, dass die Kasse nach freiem, der Nach-
prüfung entzogenem Ermessen ihre entsprechende Entschliessung
zu fassen berechtigt ist, und dass erst dann, wenn sie sich für
Krankenhauspflege entschieden hat, die Möglichkeit vorliegt, in
dringenden Fällen nach $ 26a No. 2b Kr.-V.-G. auf Rechnung
der Kasse sich in einem anderen als dem von ihr bestimmten
Krankenhause behandeln zu lassen. Nur auf dem Umwege über
die Organe der öffentlichen Armenpflege ist die Erlangung
von Krankenhausunterstützung gegen Zahlung einer gewissen
Pauschvergütung seitens der Krankenkasse ohne deren Ein-
willigung zu erreichen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass
Hülfsbedürftigkeit eingetreten war, und dass die Anstaltspflege
nötig, d. h. behufs Herbeiführung oder Beschleunigung der Ge-
sundung geboten erschien!, Die Krankenkasse hat alsdann
Die Redaktion der „Arbeiterversorgung“ (Bd. 17 S. 405) be-
kämpft bei Abdruck obiger Entscheidung dieselbe als unrichtig und der Ab-
sicht des Gesetzgebers zuwiderlaufend. Neben der reichen Fülle von Zi-
taten, welche gegen die Auffassung des Sächsischen Ministeriums ins Feld
geführt sind, sei auch darauf hingewiesen, dass bei der Erörterung über $ 7
Kr.-V.-G. im Reichstage das Wahlrecht der Kassenverwaltung nachdrücklich
betont ist (vgl. ebd. Bd. 7 S. 357 ff.).
1" Urteil des Preussischen Oberverwaltungsgerichts vom 10. April 1902,
„Arbeiterversorgung“ Bd. 19 S. 589.