Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achtzehnter Band. (18)

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sich in logischer Gedankenfolge aus der Entstehungsgeschichte 
der Rechtsregel. Während $& 710 des I. Entwurfs ohne Regelung 
der Aufsichtspflicht eine allgemeine Haftbarkeit für die Versäu- 
mung jeder Aufsichtspflicht bestimmt hatte, wurde in der II. Kom- 
mission die Haftung auf die Versäumung der gesetzlichen Auf- 
sichtspflicht über eine wegen Minderjährigkeit oder wegen ihres 
geistigen oder körperlichen Zustandes der Beaufsichtigung be- 
dürfende Person beschränkt. Dabei wurde hervorgehoben, dass 
die minderjährigen und die ihnen wegen geistiger oder körper- 
licher Mängel gleichgestellten Personen wegen ihres Zustandes, der 
in ihrem eigenen Interesse die Aufsicht über sie notwendig mache, 
gefährlich seien, weshalb es angebracht erscheine, die Aufsichts- 
führung darauf zu erstrecken, dass den Gefahren vorgebeugt 
werde, die von dem zu Beaufsichtigenden anderen drohten, die 
sich nicht um ihn zu bekümmern hätten. Der gesetzgeberische 
Wille ging, wie auch das Urteil vom 30. Dez. 1901 im 
wesentlichen voraussetzt, also klar und unzweideutig dahin, für 
die rechtswidrigen Handlungen eines Minderjährigen bedingungs- 
los denjenigen mithaftbar zu erklären, welcher die Erziehung und 
Beaufsichtigung desselben zu leiten hat. Dass dies der Vater aus 
dem Rechte der väterlichen Gewalt sei, steht ausser aller Frage 
und ebenso, dass den Vormund eine gleiche Verantwortlichkeit 
trifft. Streitig kann nur sein, ob auch dem Lehrherrn gegenüber 
dies der Fall sei. Nun enthält der angeführte 8 832 nicht nur 
die Norm, dass der Minderjährige als ein zur Verhütung von 
Beschädigungen Dritter zu Beaufsichtigender zu erachten ist, 
sondern auch den Grund der Norm, „weil er der Beaufsichti- 
gung bedarf“; und aus diesen untrügerischen Vordersätzen ist die 
Schlussfolgerung zu ziehen, dass jeder Minderjährige, gleichviel 
wie er veranlagt und ob er mehr oder weniger gut erzogen ist, 
aufsichtsbedürftig ist, mithin die Aufsichtspflicht über ihn stets 
die gleiche bleibt. Es kann deshalb nicht eine Unterscheidung 
zwischen Minderjährigen, die der Beaufsichtigung bedürfen, und
	        
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