Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achtzehnter Band. (18)

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Der Name ist nicht zutreffend. Dem Gesetzgebungskörper ent- 
spricht der (tesetzesstaat und gerade hier liegt eine für seine 
Thätigkeit entscheidende Frage. Wie verhält sich das Gesetz 
zum Recht? Die Frage ist in der deutschen Wissenschaft zu 
gleicher Zeit mit dem parlamentarischen System aufgetaucht und 
schon dieses historische Moment mag ein Fingerzeig sein, dass 
zwischen beiden eine Beziehung ist. Das Verhältnis wird derzeit 
öfter besprochen. Die meisten Schriftsteller denken aber dabei 
nur an das Verhältnis zwischen Gesetzgeber und Richter, zwischen 
Legislative und juristischer Exekutive. 
Das ist es nicht, was ich meine. Die Frage betrifft das Ver- 
hältnis zwischen Recht und Gesetz als Rechtsquelle. Wie ver- 
hält sich die Rechtsquelle zum Recht? Ist sie konstitutiv und das 
Recht nichts anderes als ihr Inhalt? oder ist sie vielmehr, wenn 
sie ihrer Funktion entsprechen soll, deklarativ; gleicht sie dem 
Urteil, das nur aussprechen soll was ist, die Thatsachen und 
Absichten der Parteien, die schon vor ihm bestanden haben? 
Die Vergleichung mit dem Urteil mag verhindern, dass man 
den Irrtum des Gesetzgebers, dessen Beschluss dennoch gilt, für 
die Entscheidung der Frage zu sehr betont. Auch das Fehlurteil 
ist Urteil, und schafft Recht zwischen den Parteien. Aber es bleibt 
ein Fehlurteil und die Wissenschaft muss diesen Begriff festhalten. 
Bekanntlich stehen zwei Meinungen einander gegenüber. Die 
herrschende Ansicht erklärt die Rechtsquelle für konstitutiv; 
Recht ist was gilt (STAMMLER), was garantiert ist (JELLINEK). 
Die beiden Männer, welche die rechtswissenschaftliche Forschung 
der Neuzeit begründet haben, Savıany und PucHTA, haben da- 
gegen übereinstimmend die (sogenannten) formellen Rechtsquellen 
bloss als Ausdruck des schon vor ihnen vorhandenen Rechtes, 
der bestehenden Volksüberzeugung, erklärt. Wenn man bedenkt, 
dass beide das Gewicht auf das positive Recht gelegt haben, 
so darf man ihre Ansicht doch wohl nicht als eine bloss rechts- 
Philosophische beiseite legen.
	        
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