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gründen ist mit einer zu vermeidenden Pflichtenkonkurrenz hin-
sichtlich der Gesetzesvereinbarung, einerlei ob die Fürsten- oder
Volksvertreterpflicht als der leidende Teil anzusehen ist. Die
Konkurrenz zu beseitigen ist aber der Fürst in der Lage, in-
dem er abdankt. Es kommt nicht darauf an, dass es wenig
wahrscheinlich ist, ein Monarch werde das je thun, um die
Inkompatibilität aufzuheben. Gegebenen Falles könnte ein Fürst
eher geneigt sein, auf seinen Thron zu verzichten, als ein
Mitglied der Oberrechnungskammer auf sein Amt. Es kommt
nur darauf an, dass die Möglichkeit der Beseitigung des
Hindernisses der Pflichtenkonkurrenz vorliegt, und diese ist ge-
geben.
Da sich nach allem aus der konstitutionellen Theorie für
die Landesherren nur eine Unvereinbarkeit ihrer Stellung mit der
Kammermitgliedschaft ergiebt, so sind sie, mangels anderweitiger
gesetzlicher Bestimmungen, wählbar in die Volksvertretung ihres
Landes.
Die Reichstagsmitgliedschaft der deutschen Fürsten ist nun
auch, wie dargelegt, durch den Satz von der Trennung der
Organe ausgeschlossen. Demzufolge ergiebt sich für sie auch
nur die Unvereinbarkeit der Stellung eines Mitträgers der Reichs-
souveränität, also der Mitgliedschaft im einen, mit der Mitglied-
schaft im anderen gesetzvereinbarenden Organe des Reiches,
dem Reichstage. Auch hier wird durch Abdankung die Unver-
einbarkeit gehoben.
III. Wenn aus der konstitutionellen Theorie, dem zweifel-
los auch auf das Reich anwendbaren Satze von der Trennung
der Organe, für das passive Reichstagswahlrecht der deutschen
Landesherren nur die Inkompatibilität folgt, so würde es noch
einer besonderen reichsrechtlichen Norm bedürfen, um die Wähl-
barkeit eines Landesherrn, welcher die Voraussetzungen des $ 4
des Wahlgesetzes vom 31. Mai 1869 erfüllt, auszuschliessen.
Eine ausdrückliche Vorschrift giebt es in dieser Beziehung nicht.