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und Weiterbildung der französischen Publikationsmethode in den deutschen
Staaten. Dieser Abschnitt ist mit grosser Genauigkeit und Gründlichkeit
gearbeitet und der Verf. hat selbst die kleinsten und die nicht mehr be-
stehenden deutschen Staaten mit Sorgfalt berücksichtigt. Es soll ihm daher
auch aus den zahlreichen Wiederholungen und dem vielen Unerheblichen
und Selbstverständlichen, welches er in seine Ausführungen einmengt und
sie dadurch sozusagen verwässert, kein Vorwurf gemacht, sondern der wissen-
schaftliche Wert seiner Arbeit unumwunden anerkanut werden. Zu ver-
missen ist nur ein näheres Eingehen auf die Verkündigung von Verord-
nungen, denn dies ist ein Frage von ungleich grösserer praktischer Wichtig-
keit als die überall in zweifelloser Weise gesetzlich geregelte Verkündigung
formeller Gesetze. Die Studien des Verf. haben ihm gewiss auch dafür ein
reiches und wertvolles Material an die Hand gegeben und es ist zu be-
dauern, dass er es nicht verwertet hat.
An diese geschichtlichen Erörterungen schliesst sich ein kurzes Kapitel
dogmatischen Inhalts an unter der Ueberschrift: „Die Urkundeneigenschaft
des Gesetzblattes.“ Mit dieser Formel drückt der Verf. den Lehrsatz aus,
dass für Behörden und Unterthanen nur der Abdruck im Gesetzblatt, nicht
die Originalgesetzesurkunde Bedeutung hat, dass das Gesetzblatt „nach aussen
hin“ vollkommen an die Stelle der Originalgesetzesurkunde trete und letztere
nur nach innen hin rechtliche Bedeutung habe. Den Beweis hierfür sucht
er mit zwei Gründen zu führen. Der eine besteht in dem Nachweis, dass
das französische Bulletin des lois nach dem Gesetz vom 4. Dez. 1793 die
Urkundeneigenschaft hatte. Es wurde auf einem dafür besonders angefertigten,
mit dem Siegel der Republik versehenen Papier gedruckt; jede Nummer
trug die Angabe, dass der Abdruck übereinstimmend sei mit der vom Comite
des procös-verbaux gelieferten Ausfertigung und die Gegenzeichnung von
zwei Mitgliedern der commission de l’envoi des lois. Die Formeln wechselten
in den folgenden Jahren; es blieben aber die „signes exterieurs d’authen-
ticite* und insbesondere die Beglaubigung der Uebereinstimmung des Ab-
drucks mit der Originalgesetzesurkunde durch die in Faksimiledruck her-
gestellten Unterschriften der Mitglieder der genannten Kommission, später
des Justizministers, und die Reproduktion des Staatssiegels. Jedes Exemplar
hatte daher in der That die äussere Gestalt einer beglaubigten Kopie des
(sesetzesoriginals.. Was folgt aber daraus für die deutschen Gesetzblätter,
denen alle diese Beglaubigungen und äusseren Beurkundungen der Konfor-
mität des Abdrucks mit dem Original fehlen? Der Verf. meint, dass mit
der Rezeption der französischen Einrichtung des Gesetzblattes auch die Ur-
kundeneigenschaft des Gesetzblattes Eingang gefunden habe und zwar um so
mehr, als die Gesetzblätter in Deutschland an die Stelle der früher üblich
gewesenen Versendung von Gesetzeskopien, die den einzelnen Behörden von
der Regierung insinuiert wurden, getreten seien. Dieser Schluss scheint mir
sehr willkürlich zu sein. Wenn der Verf. mit den äusseren Beglaubigungs-
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