Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achtzehnter Band. (18)

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legislative Gedanke, einen unrichtigen, unklaren oder ungeschickten Ausdruck 
gefunden hat. Hier ist es die Aufgabe der Interpretation, den wahren Sinn 
des Gesetzes trotz des mangelhaften Ausdrucks zu ermitteln. Mängel des 
verfassungsmässigen Zustandekommens sind dagegen ebensowenig wie Schreib- 
oder Druckfehler, gleichviel in welchem Stadium des Gesetzgebungsvorgangs 
sie ihren Ursprung haben, Redaktionsfehler; sondern die ersteren sind Ver- 
fassungswidrigkeiten, die anderen Irrtümer und als solche rechtlich zu be- 
urteilen. Die Urkundeneigenschaft des Gesetzblattes ist für beide unerheblich. 
Laband. 
Dr. jur. M. Boghitchevitch, Halbsouveränität. Administrative und poli- 
tische Autonomie seit dem Pariser Vertrage von 1856. Berlin, Springer, 
1903. 2548. M.5.—. 
Der Verf. entwickelt auf breiter Grundlage den Begriff und Inhalt der 
sog. Halbsouveränität mit besonderer Rücksicht auf die von der Türkei ab- 
hängigen oder abhängig gewesenen Staaten. In einem geschichtlichen Teil 
giebt er eine übersichtliche Darstellung der Verfassungsentwicklung der 
christlichen Vasallenstaaten der Türkei, sodann der mohammedanischen 
Vasallenstaaten der Türkei, endlich eine Skizze der völkerrechtlichen und 
staatsrechtlichen Verhältnisse der anderen, von der Wissenschaft als halb- 
souverän bezeichneten Staaten. Daran schliesst sich eine Erörterung über 
Ursprung und Bedeutung der Worte Suzeränität und Halbsouveränität. 
Der zweite Teil (S. 111 ff.) behandelt „die Dogmatik der Halbsouveränität“. 
Um den Begriff der letzteren festzustellen, muss der Verf. selbstverständlich 
von dem der Souveränität ausgehen; doch bevor er auseinandersetzt, was er 
unter diesem Ausdruck versteht, erklärt er S. 113, dass die Souveränität für 
den Begriff des Staates wesentlich und das einzige unterscheidende 
Kriterium zwischen Staat und Gemeinde sei. Auf die Frage nach dem Be- 
griff der Souveränität erhält man nach einigen litterargeschichtlichen Ab- 
schweifungen die Antwort, dass der Inhalt des Souveränitätsbegriffs „die 
höchste Macht“ bildet; dass die Souveränität „bloss eine Eigenschaft bildet, 
welche dem Staat zukommt“, dass die Eigenschaft, in einem bestimmten 
Kreise Höchster zu sein, die Gleichordnung in demselben Kreise ausschliesst, 
und dass damit gesagt werde, dass dem Staate die Souveränität ausschliess- 
lich zukommt und dass er sich gerade durch dieses Merkmal von allen 
übrigen Persönlichkeiten im Staate unterscheide und es einen Staat im Staate 
juristisch nicht gebe (S. 119 ff). Um zu diesem Resultat zu kommen, hätte 
es der langen Umschweife nicht bedurft; denn die Deduktion dreht sich im 
Kreise und der Endpunkt ist völlig identisch mit dem Ausgangspunkt, näm- 
lich dass der Staat und zwar er allein souverän ist. Von dieser Prämisse 
aus muss man nach Grundsätzen der Logik zu dem Schluss kommen, dass
	        
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