Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achtzehnter Band. (18)

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es halbsouveräne Staaten nicht giebt; denn sind diese „Gebietskörperschaften“ 
nicht souverän, so sind sie keine Staaten; sind sie aber Staaten, so müssen 
sie nicht halbsouverän, sondern souverän sein. Der Verf. zieht diese Folge- 
rung aber nicht, sondern er behandelt die einem Suzerän unterworfenen 
Gebietskörperschaften, trotzdem die ihnen zustehende Gewalt nicht die höchste 
ist, als Staaten. Den Uebergang hierzu bildet die Erwägung, dass der 
Souveränitätsbegriff „als Rechtsbegriff* Beschränkungen sehr wohl verträgt 
und dass er trotz der Beschränkungen derselbe geblieben ist, wie auch der 
Begriff des Eigentums sich nicht geändert hat trotz der vielen Beschränkungen, 
welche die Fortschritte der Zeit mit sich gebracht haben. Hiernach definiert 
der Verf. die Souveränität „als Eigenschaft einer Persönlichkeit, wonach die- 
selbe mit Ausschliesslichkeit nur durch eigenen Willen bestimmt werden 
kann, mithin sich auch Selbstbeschränkungen auferlegen kann“ (S. 122 ff.). 
Auf diese zweite Begriffsbestimmung der Souveränität folgt eine kritische 
Abschweifung in die Bundesstaatstheorien und die Versicherung, dass, wer 
sich nicht in den Gedankenkreis der germanischen Gesamtpersönlichkeit, dass 
die Teile selbständige Ganze gegenüber dem grösseren Ganzen und doch zu- 
sammen wieder ein Ganzes bilden, einzuleben vermag, niemals zu einer be- 
friedigenden Konstruktion der Staatenverbindungen gelangen wird. Da nun 
das Verhältnis des Suzeräns zu den ihm unterstellten halbsouveränen Staaten 
unter die Kategorie der Staatenverbindungen fällt, so ist es mindestens auf- 
fallend, dass das staatsrechtliche Verhältnis der Türkei zu ihren christlichen 
und mohammedanischen Vasallenstaaten, sowie das Verhältnis der ostasia- 
tischen Lehnsstaaten nur von dem Gedanken der germanischen Gesamt- 
persönlichkeit aus soll begriffen werden können. In ziemlich unvermitteltem 
Anschluss an diese Verbeugung vor der germanistischen Gesamtperson und 
ihren litterarischen Palatinen erhalten wir S. 140 endlich die Aufklärung, 
dass eine halbsouveräne Gebietskörperschaft „diejenige ist, welche von einer 
anderen souveränen Gebietskörperschaft innere oder innere und äussere 
Hoheitsrechte in dem Masse zur Ausübung empfangen hat, dass sie, wenn 
sie dieselben aus sich selbst heraus (sic!) bethätigen würde, eine souveräne 
Grebietskörperschaft wäre“. Zur Erläuterung schliessen sich unmittelbar 
daran zwei Sätze, die ich trotz eifrigen Bemühens nicht anders verstehen 
kann, als dass sie sich einander vollkommen widersprechen. Der Verf. sagt: 
„Es deutet mithin unsere Ausdrucksweise lediglich die Ausübungsverteilung 
an, bei der die Zuständigkeiten von vornherein feststehen. Damit 
ist zugleich negativ festgestellt, dass eine summarische Abgrenzung der sog. 
Hoheitsrechte zwischen dem suzeränen und halbsouveränen Staate nicht 
eintritt und im Widerspruch stünde mit der modernen Souveränitäts- 
auffassung, dass mithin auch eine genaue Kompetenzabgrenzung nicht 
vorliegt.“ Also die „Zuständigkeiten“ der beiden in Betracht kommenden 
Gebietskörperschaften sollen von vornherein feststehen, die „Kompetenzen“ 
aber weder summarisch noch genau abgegrenzt werden! Die Hauptsache
	        
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