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lich wird zu dem 8 30 der Grundsätze: „Bereits erworbene An-
sprüche werden durch vorstehende Grundsätze nicht berührt“ in
den zu den Grundsätzen gehörenden und einen Teil derselben
bildenden „Erläuterungen“ Ziff. IX bemerkt: „Es handelt sich
hier nicht um erworbene Rechtsansprüche, sondern um An-
wartschaften.“ Alle diese Momente scheinen, namentlich in
ihrem Zusammenhang und ihrer gegenseitigen Bestärkung, dar-
auf hinzuweisen, dass die „Grundsätze“ keine Rechtsvorschriften
sein sollen.
Das Reichsgericht hat aber alle diese Momente mit tiefem
Stillschweigen übergangen, ja sogar erklärt, dass es für die An-
nahme, dass mit den Grundsätzen nur der Erlass einer Ver-
waltungsinstruktion bezweckt worden sei, „an jedem erkennbaren
Anhalt fehle“. Für seine entgegengesetzte Ansicht beruft sich
das Reichsgericht auf ein Schreiben des Reichskanzlers
vom 6. Januar 1881, mittelst dessen der Entwurf der Grund-
züge dem Bundesrat zur Beschlussfassung übermittelt worden ist
und auf eine Stelle in der Einleitung zu den Motiven des Ent-
wurfs.. Ob durch diese Aeusserungen die Ansicht des Reichs-
gerichts in der That genügend begründet wird oder nicht, mag
dahin gestellt bleiben; es kommt für unsere Zwecke darauf nicht
an. Hier kommt aber in Betracht, dass die Drucksachen des
Bundesrates geheim sind, also zur Auslegung und Beurteilung
des Rechtscharakters von Bundesratsbeschlüssen dem Publikum,
eine einheitliche Rechtschreibung in den Schulunterricht und in den amtlichen
(Gebrauch der Behörden einzuführen und von dieser Rechtschreibung nicht
ohne wechselseitige Verständigung untereinander und mit Oesterreich (!)
abzuweichen“. Ebenso sind die „Grundsätze über Vollstreckung von Freiheits-
strafen“ (Centralblatt 1885 S. 270; 1897 S. 308) Vereinbarungen der Bundes-
regierungen, welche im Bundesrat getroffen worden sind, keine Verordnungen
des Bundesrates als Organs der über den Einzelstaaten stehenden Reichs-
gewalt. Auch die Besetzung der Aemter im Staatsdienst der Bundesstaaten
gehört nicht zur Zuständigkeit des Reiches. Daher sind auch die Grundsätze
von 1882 und 1899 nicht vom Bundesrat „erlassen“, sondern von den
Regierungen im Bundesrat „vereinbart“.