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Verkündigung bezieht, nicht auf andere Zwecke, welche durch
die Herausgabe gefördert werden sollen, z. B. die Belehrung des
Publikums oder der Behörden, die Uebersichtlichkeit der vor-
handenen Bestimmungen, die Bequemlichkeit ihrer Benutzung,
sowie namentlich die Verbreitung der Kenntnis der bestehenden
Vorschriften in den Kreisen, für welche sie Interesse haben.
Die Gefahr, dass man diese materiellen Zwecke der Gesetzes-
bekanntmachung mit dem formellen Akt der Gesetzesverkündi-
gung verwechselt, liegt sehr nahe. Das Urteil des Reichsgerichts
zeigt dies, indem es sich auf die Erwägung stützt:
„dass auch das COentralblatt für das Deutsche Reich unter
Redaktion einer obersten Reichsbehörde steht und deshalb
geeignet erscheint, dem Zwecke der amtlichen Verkündigung,
d.h. (!) der Ermöglichung allgemeiner und zuverlässiger Kenntnis-
nahme zu genügen.“
Es ist unmöglich, das Wesen der Verkündigung gründlicher
zu verkennen, als es in diesen Worten geschehen ist. Hiernach
wäre jede amtliche Ausgabe eines Gesetzbuches, jede amtliche
Zusammenstellung der über eine Materie ergangenen Verord-
nungen eine Verkündigung und der Abdruck einer Verordnung
im Deutschen Reichsanzeiger würde als eine genügende Verkün-
digung derselben anzusehen sein.
V.
Wenn nach den vorstehenden Erörterungen die Ansicht ab-
zulehnen ist, dass es dem Bundesrat freisteht, in jedem einzelnen
Falle nach Willkür und Belieben zu bestimmen, in welcher Weise
er die von ihm beschlossenen Rechtsverordnungen verkündigen
will, so erhebt sich die weitere Frage, ob das Centralblatt für
das Deutsche Reich zu Verkündigungen geeignet ist.
In dieser Hinsicht ist nun in erster Reihe hervorzuheben,
dass es keine reichsgesetzliche Vorschrift giebt, welche dem
Abdruck im Centralblatt die Kraft der Verkündigung verleiht,