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nicht, dass Rechtsvorschriften nur im Reichsgesetzblatt verkün-
digt werden können. Wenn aber das Reich zwei Publikations-
organe hat, das eine für Verkündigungen im Rechtssinne, das
andere für thatsächliche Mitteilungen und für die Veröffentlichung
von Dienst- und Verwaltungsvorschriften, so spricht die Ver-
mutung dafür, dass aus dem Ort der Veröffentlichung ein Schluss
auf den Charakter der Vorschrift zu machen ist, wenn die An-
ordnung ihrem Inhalt nach sowohl eine Rechtsvorschrift als eine
Verwaltungsvorschrift sein kann. Es ist ein psychologischer Er-
fahrungssatz, dass man unter verschiedenen Mitteln dasjenige
wählt, welches dem zu erreichenden Zweck am besten entspricht,
und es ist, was z. B. die „Grundsätze über die Anstellung der
Militäranwärter“ anlangt, absolut unerfindlich, warum der Bundes-
rat sie nicht in dem Reichsgesetzblatt verkündigt, sondern in
das Oentralblatt verwiesen hat, wenn er ihnen die Bedeutung
von Rechtsvorschriften beilegen wollte und sich dazu für kom-
petent erachtete.e Auch das Reichsgericht hat dafür keinen
(rund anzugeben vermocht.
Vergleicht man das Reichsgesetzblatt und das Centralblatt
in Bezug auf die in jedem von beiden enthaltenen Bundesrats-
beschlüsse, so zeigt sich, dass in der That keine so völlige Regel-
losigkeit herrscht, wie sie nach der Ansicht des Reichsgerichts
und einiger Schriftsteller anzunehmen wäre.
Ausführungsbestimmungen zu Reichsgesetzen, welche er-
gänzende oder detaillierende, über die Verwaltungsbehörden
hinaus wirkende Vorschriften enthalten, werden der Regel nach
im Reichsgesetzblatt verkündigt. So z. B.: Zum Jesuiten-
gesetz 1872 S. 253, 1873 8. 109, 1894 8. 503. — Zum Gesetz
über Registrierung und Bezeichnung der Handelsschifie 1873
S. 367, 1892 S. 787. — Zum Dynamitgesetz 1885 8. 78, 1891
8. 105, 1896 S. 698. — Zum Margarinegesetz 1887 8. 383
521, 1897 S. 591. — Zum Weingesetz 1892 S. 600 und zum
neuen Weingesetz 1901 8. 257. — Zum Gesetz über Prüfung