Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achtzehnter Band. (18)

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Formen zurückführt, eine andere gleichberechtigte einhergeht, 
welche die nämlichen Dinge wertet nach ihrer stofflichen Be- 
deutung: die Handelswissenschaft, die Staatswissenschaft, die 
Politik stehen überall gleichmässig zu uns in dem Gegensatz, 
dass sie lediglich darauf sehen, was geleistet und gewirkt wird, 
ohne dass unser wie entscheidend wäre?®. So ist auch der Be- 
griff des Bundesstaates von Haus aus politischer Natur; der 
Sehnsucht nach Einrichtungen, welche dem deutschen Volke die 
notwendige Einheit gewähren sollten, verdankt er seine Ent- 
stehung. Das was man gewöhnlich vom Staate besorgt sieht, 
soll hier zum Teil den Einzelstaaten verbleiben, zum Teil an 
ihre Gesamtheit übertragen werden, so dass beide politisch den 
Wert von Staaten haben. Unbedenklich, oft sogar unbemerkt 
mischt sich damit noch eine dritte Erscheinung des Begriffes 
Staat: die Glieder sind Staaten, der Bund für sich ist Staat, und 
Glieder und Bund zusammengerechnet sind erst recht noch ein- 
mal ein Staat; unter Bundesstaat versteht man sogar meistens 
gerade dieses Gesamtergebnis‘. 
Die juristische Betrachtungsweise kann auch hier nicht so 
einfach mitgehen. Schon das Wort Bundesstaat enthält für uns 
° Die Staatsrechtswissenschaft steht geradeso in fortwährender Aus- 
einandersetzung mit der Politik, wie die Verwaltungsrechtswissenschaft mit 
der Verwaltungslehre und der Staatswissenschaft überhaupt: Deutsches Ver- 
waltungsrecht Bd. I S. 16. 
* HaEnEL, Vertragsmässige Elemente S. 63: „Nicht der Einzelstaat, 
nicht der Gesamtstaat sind Staaten schlechthin... . Staat schlechthin ist 
nur der Bundesstaat als die Totalität beider.“ HAENEL glaubt die Frage 
„für die praktische Politik gleichmässig wie für die wissenschaftliche Kon- 
struktion* zu lösen. Zunächst aber ist der Staatsbegriff, von dem er da aus- 
geht, rein politisch gedacht. Ganz politisch gedacht und im vollen Be- 
wusstsein der Unabhängigkeit von juristischer Begriffszuspitzung ist es auch, 
wenn GIERKE bei Schmoller, Jahrb. VII, 4 S. 64 sich gegen die Konstruk- 
tionen wendet, welche „entweder dem Deutschen Reiche oder den deutschen 
Einzelstaaten die staatliche Qualität rauben. Wir bestreiten der Jurisprudenz 
das Recht, in solcher Weise die Geschichte zu verkehren, die Verfassung 
umzudenken und das Rechtsbewusstsein der Nation zu ignorieren“, 
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