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Besorgung gemeinsamer Angelegenheiten und diese ausstattet
mit einer Vereinsgewalt, um bestimmend einzuwirken auf die
Vereinsmitglieder und das Ihrige. Warum sollte beim Staaten-
verein nicht das gleiche gelten?? Schritt für Schritt hat sich
denn auch der Kreis des für erreichbar Erkannten ausgedehnt;
kein Punkt, an dem man die Grenze ziehen möchte, wo es not-
wendig zum Öberstaate umschlägt, erwies sich als haltbar. Ins-
besondere die Einräumung der sogenannten Kompetenz-Kompe-
tenz und die Hinzufügung einer Volksvertretung zu einem monar-
chischen Staatenverein, wie eine solche ja auch bei dem Zollverein
seit 1867 bestand, bezeichnen bedeutsame politische Wende-
punkte; juristisch hindert nichts, die vertragsmässige Grundlage
beizubehalten !°.
Aber wiederum wurden hier amerikanische Ideen eine Zeit-
lang der freien Entfaltung unserer wissenschaftlichen Erkenntnis
° Namentlich die Genossenschaftstheorie hat hier klärend gewirkt, um
den Gesichtskreis zu erweitern: GIERKE, Genossenschaftstheorie Bd. II S. 853:
der völkerrechtliche Staatenbund als „eine für andere Gemeinheiten be-
stehende und als Person anerkannte genossenschaftliche Veranstaltung zur
Erreichung gemeinschaftlicher Zwecke“. Derselbe bei ScHMoLLER, Jahr-
buch Bd. VII, 4 S. 65. Preuss, Gem. Staat, Reich S. 76 Note 76, S. 249,
255, 257. Rosın in Annalen 1883 S. 304,
1% Dass der Zollverein mitsamt seinem Zollparlament ein vertrags-
mässiges Verhältnis und jedenfalls kein Staat war, dürfen wir wohl als un-
bestreitbar setzen; dann muss aber doch die juristische Natur dieses Ver-
hältnisses die gleiche bleiben können, auch wenn die gemeinsame Gesetz-
gebung auf so viel andere Dinge erstreckt wird, dass das Ganze politisch
als Bundesstaat gelten kann. Es ist unmöglich zu sagen: jetzt wird es zu
viel, jetzt muss die Vertragsgrundlage verschwinden. Was die Kompetenz-
Kompetenz anlangt, so hat SeYDEL in Uebereinstimmung mit CALHOUN von
Anfang an zugegeben, dass auch die vertragsmässige Vereinsgewalt der ver-
bundenen Staaten mit einer solchen Befugnis der Ausdehnung ihrer Zuständig-
keit im voraus ausgestattet werden könne (zuletzt noch in Vorträge S. 70).
Die Frage kann für uns ganz offen bleiben, ob man einen Staatenverein nur
unter dieser Bedingung einen Bundesstaat nennen soll, dann aber immer;
es kommt nur darauf an, ob man vertragsmässig diesen sachlichen Erfolg er-
zielen und bewahren kann, und auch dieses sollte unbestreitbar sein.