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des Gesetzes erledigt, wenn dieses erklärt, es wolle eine Gemein-
schaft als eine juristische Person, d. h. als gleichwertig einer
natürlichen Person behandelt wissen; damit verschwinden hinter
ihr die natürlichen Personen, die ihre Substrate sind. Ueber den
Staaten steht keine solche Autorität. Die juristische Persönlich-
keit, die man ihnen zuspricht, ist nur der Ausdruck für die
eigentümliche Bedingtheit, in welcher die lebendigen Gewalthaber
hier thätig werden, Menschen von Fieisch und Blut, von welchen
die Staatsgewalt ausgeht!" Wir nennen diese den Herrscher
13 SEYDEL hat das zu Unrecht verallgemeinert und der juristischen
Person schlechthin den Krieg erklärt. JELLINEK, Staatenverbindungen S. 179,
schränkt es richtiger dahin ein, „dass sie nur innerhalb der staatlichen
Rechtsordnung entstehen kann“. Noch zutreffender scheint mir zu sein,
was GIERKE bei Schmoller, Jahrbuch 1883, Bd. IV S. 30.hierzu bemerkt: Die
juristische Person sei für den Staat nicht verwertbar, nur für das Privatrecht
sei sie „in ihrer scharfen Gegensätzlichkeit* möglich. — Wie lange ist es denn
her, dass der Staat (vom fiscus abgesehen) als juristische Person behandelt
wird? Bahnbrechend war ja wohl die berühmte Definition ALBREcHTs. Die
Wissenschaft hat den Staat zur juristischen Person gemacht, weil sie glaubte,
die rechtlichen Beziehungen der Träger der Staatsgewalt damit am besten
veranschaulichen zu können. Damit hat sie aber doch diesen nichts ge-
nommen von dem, was sie haben; das wollte sie nicht und das konnte sie
nicht. Man mag also ganz gern sagen: Subjekt der Staatsgewalt ist der
Staat als selbständige ideale Persönlichkeit. Das darf aber nicht in „schroffer
Gegensätzlichkeit“ gemeint sein, wie im Civilrecht. Diese nämliche Staats-
gewalt gehört zugleich lebendigen Menschen, dem König oder der Masse
der Bürger, je nachdem, Sie haben sie nicht etwa verloren dadurch, dass
wir den Staat als eine juristische Person auffassen. Ebenso ist nichts dagegen
einzuwenden, wenn LABANnD, Staatsrecht Bd.IS.90, aufstellt: „Subjekt der Reichs-
gewalt kann nur das Reich selbst sein als selbständige ideale Persönlichkeit.“
Aber es ist eine Ueberschätzung der Kraft dieses juristischen Begriffes, wenn
Lapann damit nachgewiesen glaubt, dass die Reichsgewalt jetzt losgelöst
sei von der „Sozietät“ der verbundenen Staaten, d. h. ihrer Souveräne. So
billig ist das nicht. Es kann ja sein, dass mit der Herstellung eines Bundes-
staates zugleich die Unterwerfung der Staaten unter einen fremden Willen
sich vollzieht; den suchen wir hier gerade. Die juristische Person schafft
ihn nicht von selbst. Ebensowenig wie sie im monarchischen Einheitsstaat
den Fürsten zu ihrem Unterthanen macht oder wie sie im alten deutschen
Bund, den sehr viele Juristen als juristische Person auffassen, die rechtliche