Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achtzehnter Band. (18)

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oder den Souverän. Einen neuen Souverän in diesem Sinn 
brauchen wir für die Bundesgewalt, und wenn man uns sagt, es 
sei eine juristische Person, gebildet von den Einzelstaaten, so er- 
scheint durch diese doppelte Verhüllung hindurch als Träger- 
schaft der Bundesgewalt immer nur die Wirklichkeit der Sou- 
veräne dieser Einzelstaaten — die volle Verneinung des neuen 
selbständigen Souveräns, den wir suchen '%, 
Stellung der Bundesstaaten geändert hätte. — GIERKE, Genossenschaftsrecht 
Bd. II S. 853, erläutert erst den Staatenbund: „eine als Person anerkannte ge- 
nossenschaftliche Veranstaltung“, und stellt dem den Bundesstaat gegenüber: 
„Soweit dagegen eine Einungskörperschaft als für sich bestehende Person 
mit selbständigen Daseinszwecken über die Glieder tritt und von ihnen 
Unterwerfung und Opfer fordert, als geschichtlich gegebene und dauernde 
Existenz eine höhere Willensordnung vorstellt, ist sie eine staatsrechtliche 
Körperschaft. Es liegt also im Verhältnis zu den Gliedern wirklicher Bundes- 
staat vor, der als höhere Allgemeinheit über dem Sonderleben eine Sphäre 
gesamtstaatlichen Gemeinlebens erzeugt.“ Diese neue höhere Willensordnung 
mit selbständigen Daseinszwecken im Gegensatz zu denen der Gliedstaaten 
können wir uns juristisch nur so vorstellen, dass in der Bundesgewalt ein 
anderer menschlicher Wille Träger der Herrschaft wird, als der, welcher in 
ihnen selbst so erscheint, und zwar der lebendige menschliche Wille eines 
Monarchen oder einer souveränen Bürgerschaft, kein bloss gedachter oder, 
wie man es auch schon ausgedrückt hat, aus ihren Willen „herausdestillierter“. 
1# LABAnD, Staatsrecht Bd. I S. 91: „Das Deutsche Reich ist eine 
Juristische Person von 28 Mitgliedern. Diese Mitglieder sind an der Reichs- 
gewalt ebenso mitbeteiligt, wie es in der Demokratie die vollberechtigten 
Staatsbürger an der Staatsgewalt sind.“ Wenn wir doch einmal die Demo- 
kratie heranziehen, so werden wir auch die Anschauungen ihres berufensten 
Apostels berücksichtigen dürfen. Das Wesen der Republik besteht nach 
Rousseau darin, dass jeder Bürger wegen seines Anteils an der Gewalt nur 
sich selbst gehorcht, wenn er dieser gehorcht. Deshalb ist er frei. Die 
Freiheit der Staaten aber ist ihre Souveränetät. Also wäre das Reich hier 
nicht ihr Souverän, sondern nur, um mit GIERKE zu reden, ihre „genossen- 
schaftliche Veranstaltung“. LasBanp denkt sich die Sache so: trotzdem dass 
die Masse der Bürger die Staatsgewalt hat, ist die Republik ein souveräner 
Staat und sind diese Bürger zugleich Unterthanen, eitoyens und sujets nach 
Rousseau; in derselben Weise sind die Gliedstaaten Bürger und Unterthanen 
des Reiches. Aber Staaten sind eben doch Bürger ganz besonderer Art: 
sie sind, jeder für sich, von Natur berufen zu herrschen, souverän zu sein, 
eine perfecta communitas darzustellen. Wenn die republikanischen Bürger
	        
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