Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achtzehnter Band. (18)

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eine Stimme, über deren Abgabe die Mehrheit seiner Delegierten 
entscheidet. Die gesetzgebenden Körper behalten ihre Delegierten 
fest in der Hand, indem sie das Recht haben, sie jeden Augen- 
blick abzuberufen und durch andere zu ersetzen. In dieser Ge- 
stalt ist der Kongress der deutlichste Ausdruck der Souveräne- 
tät der Einzelstaaten ®°, 
Die Befugnisse der Bundesgewalt erwiesen sich alsbald als 
ungenügend, namentlich war die Union nicht mit Finanzquellen 
ausgestattet. Die neue Verfassung vom 17. Sept. 1787 brachte 
hier umfassende Erweiterungen; jetzt erst entstand eine volle 
Bundesgesetzgebung, Bundesjustiz und Bundesverwaltung. Sie 
brachte aber noch etwas anderes: sie erweckte einen neuen 
Souverän. Wie das zuging, das ist ganz und gar nur verständ- 
lich vom Boden der republikanischen Grundanschauungen 
aus. Der Souverän eines jeden Einzelstaates ist danach niemand 
anders als sein Volk, d. h. was dafür angesehen wird, die Ge- 
samtheit seiner Bürger, citizens; die Verfassung trifft die Ein- 
richtungen, um den Herrschaftswillen dieses Volkes zum Aus- 
druck kommen zu lassen; nötigenfalls bricht er unmittelbar durch, 
um sich Formen dafür neu zu gestalten; das geschieht in einer 
convention, einer besonders dazu gewällten Versammlung '*. 
Dieser republikanische Souverän nun hat eine Eigentümlichkeit, 
welche ihm ein monarchischer nicht nachmachen kann: die Ad- 
dition mehrerer republikanischer Souveräne ergiebt von 
selbst einen neuen Souverän, der die alten verschlingt oder 
nur so viel von ihnen übrig lässt, als ihm beliebt. Mit der Be- 
wegung für Erweiterung der Bundesgewalt verband sich des- 
halb sofort auch die Auffassung, dass diese wahrhaft staatsartig 
° Die Aehnlichkeit zwischen diesem Kongress der staatenbundlichen 
Periode und unserem alten Bundestag — aber auch mit unserem jetzigen 
Bundesrat — ist unverkennbar. 
% Constitutional convention: v. Horst, Saatsrecht der Vereinigten 
Staaten $. 142 143; Bryce, American common wealth Bd. I Kap. II.
	        
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