Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achtzehnter Band. (18)

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nete der Gemeinderäte gewählt wird, ist nicht viel anders ge- 
staltet. Die Union erweist sich gerade in der Gestaltung der 
Trägerschaft der Bundesgewalt juristisch als der Staat und die 
Gliedstaaten sind ihre Unterthanen??, 
  
22 Dem nordamerikanischen Senat entspricht der schweizerische Ständerat. 
Er ist nach der Verfassung gedacht als Vertretung der Kantone. Inwie- 
fern? Weil auf jeden Kanton zwei Abgeordnete gewählt werden und über 
die Art der Wahl die Kantonsgesetzgebung entscheidet. Im übrigen haben 
die Kantone diesen Vertretern gar nichts drein zu reden. Es ist natürlich 
wieder nur das Schweizervolk, das kantonsweise abstimmt. — Wenn man 
gleichwohl das Wesen des Bundesstaates in den Anteil der Gliedstaaten an 
der Souveränetät des Gesamtstaates setzt (LE Fur, Etat tederal S. 679), so 
begnügt man sich wirklich mit recht wenigem. JELLINEK, Staatenverbindungen 
S. 288ff., hat ganz recht, wenn er meint, das sei lediglich eine Zweck- 
mässigkeitssache, vielleicht ein Naturale des Bundesstaatsbegriffes, das aber 
nicht sein Wesen ausmachen könne, so geringfügig ist es. Er hat recht für 
die Schweiz und für Nordamerika. Für das Deutsche Reich aber ist dieser 
Anteil der Gliedstaaten an der Reichsgewalt keineswegs geringfügig, aber 
auch ganz unentbehrlich: wo sollte diese Gewalt sonst herkommen? Hier 
liegen also doch wohl die Sachen ganz anders. — Die wissenschaftlichen 
Vorkämpfer der Südstaaten hatten die Ansicht vertreten, die Union sei kein 
Staat. Man hätte erwarten sollen, in der südstaatlichen Verfassung vom 
ll. März 1861 wäre nun mit allem Fleiss Vorkehr getroffen worden, dass 
diese Rechtsauffassung wenigstens für den neuen Bund klargestellt und ge- 
sichert werde. Die gemeine Meinung geht dahin, dass dies auch geschehen 
sei und bezeichnet die konföderierten Staaten als das unzweifelhafte Beispiel 
eines Staatenbundes. Das ist aber keineswegs der Fall. Die alte Unions- 
verfassung ist einfach wiedergegeben worden mit geringfügigen Abweichungen. 
Die wichtigste findet sich in der Einleitung, wo es heisst: We the people 
of the Confederate States, each State acting in its sovereign and 
independent character... do ordain and establish this constitution. 
Die Souveränetät der Einzelstaaten wird hier ausdrücklich anerkaunt, ihre 
Völker — people ist hier Pluralis — handeln unter Vorbehalt dieser Sou- 
veränetät. Aber sie handeln doch gemeinsam, thatsächlich ein Volk bildend, 
und erhalten in der Verfassung ihre Gesamtvertretung als ein Volk in 
derselben Weise wie in der Union. Man macht einen solchen geborenen 
Öberherrn nicht ungestraft lebendig. Hätte die Sache gedauert, so würde 
die natürliche Schwerkraft alsbald gewirkt und die verfassungsmässige Sou- 
veränetät der Einzelstaaten zu einer blossen Titulatur gemacht haben. Die 
Südstaaten waren einfach eine Union, die sich von der alten nur dadurch 
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