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kanische Union den massgebenden Typus liefert? \Ver diese
Frage bejahen will, der übernimmt damit die Verpflichtung, uns
den ursprünglichen und selbständigen Träger der Oberstaats-
gewalt aufzuweisen, den eigenen Souverän des Reichs, Denn dieser
eigene Gesamtheitssouverän ist ja, wie wir wissen, der Grund-
pfeiler des amerikanischen Bundesstaatsrechts. Also wo ist der?
Da ist nun von vornherein einleuchtend oder sollte es
wenigstens sein, dass wir diesen eigenen Reichssouverän nicht da
suchen dürfen, wo die Union ihn hat, im Reichsvolk. Das
deutsche Volk ist rechtlich organisiert, um durch den deutschen
Reichstag Anteil zu haben an der Ausübung der Reichsgewalt,
aber nur im Sinne des konstitutionellen Systems, nur um Frei-
heit und Eigentum zu schützen gegen die Souveräne, und dabei
zugleich ihr Gehülfe, nicht um selbst Souverän oder Mitsouverän
zu sein. Die Reichsverfassung kennt auch keine Halbheiten in
dieser Hinsicht, hier wird nicht geliebäugelt mit Republik und
Volkssouveränetät, um juristischen Konstruktionen eine Thür zu
öffnen; das dürfen wir BisMARCK wohl zutrauen. Den ameri-
kanischen Souverän haben wir nicht und können wir nicht haben,
auch nicht halb, auch nicht gemischt oder teilweise. Der monar-
chische Gedanke schliesst ihn aus in seiner ganzen Schroffheit
und Ungebrochenbeit.
Von dieser harten Thatsache aus kann man nur zweierlei
Wege gehen:
Entweder man sucht einen anderen eigenen Souverän des
Reiches aufzufinden, eine ursprüngliche Trägerschaft der Ober-
staatsgewalt, die bei uns an die Stelle des people of the united
states träte — das ist ein dornenvoller Weg, wie leicht voraus-
zusehen. Oder man verzichtet darauf, etwas derartiges zu suchen
und zu finden, und behilft sich ohne einen neuen Souverän,
stellt demgemäss die Reichsgewalt auf die Gesamtheit der vor-
handenen Souveräne der Einzelstaaten und das Reich auf ihren
Vertrag. Das ist’s, was sich im Gegensatze zur Republik hier