Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achtzehnter Band. (18)

— 381 — 
Ländern. Denn gerade hier mag man sich dem wesentlich kriti- 
schen Sozialismus gegenüber hinter den alten Spruch zurück- 
ziehen: Tadeln können auch die Toren, aber besser machen nicht. 
MENGER will also nicht nur die bestehende Rechts- und Gesell- 
schaftsordnung tadeln, sondern vor allem zeigen, wie es in Zu- 
kunft besser gemacht werden kann und soll. „Die entscheidende 
Bewährung wird freilich das sozialistische Ideal erst durch seine 
vollständige Verwirklichung in einem der grossen modernen Kul- 
turstaaten finden.* Aber durch eine streng wissenschaftliche 
Methode seines Buches glaubt MENGER, „bis zu einem gewissen 
(Grade dasselbe Ziel auf theoretischem Wege erreichen“ zu können. 
Hiernach erscheint es begreiflich, dass der orthodoxe Marxis- 
mus diesem „Juristensozialismus* recht skeptisch gegenübersteht; 
und dass der „Vorwärts“ in dem Buche von MENGER „eine Renais- 
sance des utopistischen Sozialismus“ erblickt. In der That kann 
sich die Darstellung einer Rechts- und Staatsordnung, wie sie 
nie und nirgends ist geschehen, einer ausgeprägt utopistischen 
Färbung unmöglich entziehen. Und auch der hofinungsvolle 
(lauben an den nunmehr bald bevorstehenden jüngsten Tag 
unserer kapitalistischen Gesellschaftsordnung oder, mit MENGER 
zu reden, des „individualistischen Machtstaates* ist recht eigent- 
lich eine Blüte vom utopistischen Wunderbaume. Dass auch 
strengste Marxisten wiederholt den bevorstehenden grossen Klad- 
deradatsch prophezeit haben, ja, dass Marx selbst gelegentlich 
mit solchen Gedanken gespielt hat, ist kein Gegenbeweis; solche 
prinzipwidrigen Seitensprünge erklären sich leicht aus dem Wesen 
der politischen Agitation, die sich niemals allein an die logische 
Erkenntnis wenden kann, sondern sich stets auch und sogar vor- 
nehmlich an den begehrenden Willen wenden muss, der wiederum 
des Glaubens an das Herannahen eines tausendjährigen Reiches 
bedarf. Aber während dies hier eben Abweichungen von dem 
theoretischen Prinzip sind, wird dort das ganze wissenschaftliche 
System auf diesen Glauben gegründet.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.