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das keinen Vorwurf, weil es sich nicht diese Aufgabe gestellt
hat. Vielmehr will es ein systematisches Programm für die
Fortbildung unserer heutigen Rechtsinstitutionen sein; folglich
kann und muss es mit dem Massstabe der psychologischen,
wissenschaftlichen und historischen Voraussetzungen dieser In-
stitutionen gemessen werden, wie ja auch der Verfasser dies in
dem oben citierten programmatischen Satze der Vorrede ausdrück-
lich anerkennt. Es fragt sich also, ob sein Zukunftsrecht ein
„richtiges Recht“ in diesem Sinne ist, d. h. ein solches, welches
unter den gegebenen psychologischen und historischen Voraus-
setzungen den wissenschaftlich zu ermittelnden Normen recht-
licher Organisation entspricht? Und für diese Beurteilung der
Richtigkeit des Rechts ist „das soziale Ideal“ durchaus un-
wesentlich, gleichviel ob man es in dem ganz abstrakt formalen
Sinne STAMMLERs oder mit MENGER in dem sehr konkret mate-
riellen Sinne des Sozialismus auffasst. Denn nicht die Vortref-
lichkeit oder Abscheulichkeit des Sozialismus an sich, sondern
allein die Formen seiner rechtlichen Organisation stehen hier in
Frage. Und MENGER kann weder verlangen, dass sein System
unabhängig von allen sonstigen Voraussetzungen nur danach be-
urteilt werde, ob es eine, wenn auch nur phantastisch denkbare
Form zur Realisierung seines sozialen Ideals darstelle, — denn
dann hätte er einen Staatsroman schreiben sollen; noch kann er
sich hinter die Behauptung zurückziehen, dass mit dem Eintritt
der wirtschaftlichen Voraussetzungen für sein soziales Ideal auch
völlig andere psychologische und theoretische Voraussetzungen
für die rechtliche Organisation eintreten würden, — denn dann
müsste er die materialistische Geschichtsauffassung anerkennen
und folglich auf sein Zukunftsstaatsrecht verzichten.
Nun will aber MENGER gerade umgekehrt durch das Mittel
einer Fort- und Umbildung der Rechtsinstitutionen das Ziel des
erwünschten sozialwirtschaftlichen Zustandes erreichen. Das ist
ja auch die populäre Auffassung, die zwar der marxistischen