Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achtzehnter Band. (18)

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ziel der staatlichen Thätigkeit bilden werden. Der Grundirrtum 
der früheren demokratischen Bewegung, die von der französischen 
Revolution ihren Ausgang nimmt, sei es nun gewesen, dass man 
diese Volksinteressen für wesentlich politische gehalten habe. In 
Wahrheit könne jedoch 
„die Teilnahme an der Leitung des Staates für die besitzlosen Volksklassen 
nur als Mittel zum Zwecke in Betracht kommen. Die wahren und ur- 
sprünglichen Lebensziele jedes Einzelnen sind vielmehr die Erhaltung und 
Förderung des individuellen Daseins, die Fortpflanzung der Gattung, end- 
lich die Sicherheit von Leben und Gesundheit. Hinreichende Nahrung, 
Wohnung und Bekleidung, die Befriedigung der geistigen Bedürfnisse, eiu 
geordnetes Familienleben und die Unversehrtheit des körperlichen Daseins“ 
(S. 26) — das seien die wirklich entscheidenden individuellen Interessen. 
„Wenn irgendwo, so ist das öffentliche oder allgemeine Wohl in diesen 
wichtigsten Zielen jedes Einzelnen eingeschlossen, gegen welche das, was 
man heute unter diesem viel verkannten und viel missbrauchten Begriff 
versteht, in die zweite Reihe zurücktreten muss, Und es ist als ein Grund- 
fehler unserer heutigen Gesellschaftsordnung zu betrachten, dass sie diese 
wichtigsten und allgemeinsten Lebenszwecke als eine Privatangelegenheit 
hinstellt, welche jeder Einzelne innerhalb der Schranken des Privatrechts 
regelmässig mit eigener Kraft und auf eigene Gefahr zu besorgen hat.“ 
Demgemäss erklärt MENGER für das „wichtigste Ziel des 
Sozialismus, die Institute unseres Privatrechts in öffentliches Recht 
im heutigen Sinne zu verwandeln“; und deshalb werde dieser 
ganze Gegensatz von privatem und öffentlichem Recht mit der 
heutigen Staatsordnung überhaupt verschwinden (8. 96/97). Nun 
sei schon heute das öffentliche Recht vorherrschend von reflek- 
tiertem Charakter, weil die meisten Verfassungen nicht das Re- 
sultat der geschichtlichen Kämpfe, sondern die Folge von Revo- 
lutionen und Staatsstreichen seien(?!); dagegen sei das Privatrecht 
noch heute wesentlich naturwüchsig, weil es durch Gewalt ent- 
standen sei und noch jetzt auf Machtverhältnissen beruhe. „An 
die Stelle des naturwüchsigen Rechts muss nun auf allen Ge: 
bieten das reflektierte Recht treten“ (S. 41/43). Diese Trans- 
substantion des Privatrechts in Öffentliches Recht muss zwar 
selbstverständlich alle Gebiete des ersteren ergreifen; sie wird
	        
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