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zuvor noch einen kurzen Blick auf die zukünftige Gestaltung der
übrigen Rechtsgebiete.
Neben dem Privateigentum ist das Vertragsrecht ein Grund-
pfeiler der heutigen Gesellschaftsordnung, und demgemäss hat
auch das Obligationenrecht neben dem Sachenrecht eine durch-
greifende Umbildung durch die Rechtsordnung der Zukunft zu
gewärtigen. Ja, in dem geltenden Vertragsrecht sieht MENGER
einen der schlimmsten Feinde eines wirklich demokratischen
Staatslebens; denn die breiten Volksmassen würden von der
Tyrannei des ärgsten politischen Tyrannen weit weniger berührt
als von der eines brutalen Lohnherrn, Vermieters oder Wucherers.
Nicht wegen politischer Streitigkeiten, sondern wegen missbräuch-
licher Ausbeutung des Darlehensvertrages hätten einst die römi-
schen Plebejer die secessio in montem sacrum unternommen; das
beweise ihre hohe praktische Begabung; und ebenso sei es ein
Zeichen wachsender Einsicht, „wenn die rein politische Demo-
kratie in den Gedanken und Wünschen der Kulturnationen immer
mehr in den Hintergrund tritt (S. 138/39). Seltsam! Soeben
haben wir gesehen, von welcher ausschlaggebenden Bedeutung
für MENGERs Zukunftssachenrecht die Organisation des Gemein-
wesens ist, auf welche doch die so arg gescholtene politische
Demokratie ihr Augenmerk richtet. Ist diese Bedeutung der
organisatorischen Rechtsnormen des Gemeinwesens etwa geringer
für sein Obligationenrecht der Zukunft?
MENGER verwirft all die zahlreichen Versuche älterer Sozia-
listen, durch eine Umbildung einzelner Verträge, wie des I,ohn-,
oder Kauf-, oder Kredit-, oder Gesellschaftsvertrages, zum Ziele
zu gelangen; denn die Machtstellung der Grund- und Kapital-
eigentümer in unserer Gesellschaft sei viel zu stark, um durch
die Wirksamkeit eines einzelnen Vertrages erschüttert zu werden,
und unser Privatrecht könne überhaupt niemals durch seine
eigenen Werkzeuge und Bestandteile besiegt werden (8. 153).